Der Fliegen Highway

Der Fliegen Highway


Nach meinem missglückten Start stieg ich nach ein paar Tagen in Alice Springs wieder in den Sattel und radelte los in Richtung Norden. Der Stuart Highway war für die nächsten Wochen mein Leitfaden. Eine 1’180 Kilometer lange Strecke von Alice Springs nach Katherine (entspricht in etwa der Distanz von London nach Rom).

Der Stuart Highway ist benannt nach John McDouall Stuart, einem schottischen Entdecker, dem es im Jahre 1862 als erstem Europäer gelungen war, den australischen Kontinent von Süden nach Norden zu durchqueren. 1872 wurde entlang der Route, die Stuart genommen hatte, die Transaustralische Telegrafenleitung (welche Melbourne mit London verband) durch das australische Outback errichtet.

Schon ziemlich bald überquerte ich den Wendekreis des Steinbocks. Der südliche Wendekreis ist der südlichste Breitenkreis, an dem die Mittagssonne gerade noch den Zenit erreicht, nämlich nur am 21. oder 22. Dezember, dem Tag der Sommersonnenwende der Südhalbkugel (in Europa Wintersonnenwende).

Die Fahrt auf dem Stuart Highway war meistens recht monoton. Die Landschaft ändert sich auf vielen Kilometern kaum, ist ziemlich hügelig und ständig plagen einem die Fliegen.

Bereits zum Sonnenaufgang kommen die Fliegen hervor und belästigen dich bis zum Sonnenuntergang. Ohne Fliegennetz über dem Kopf wäre es schon fast unmöglich zu radeln. Sobald ich anhielt stürzten sie sich regelrecht auf mich.

Dadurch machte ich meistens nur ganz kurze Pausen tagsüber und versuchte so viele Kilometer wie möglich zu fahren um diesem Fliegenloch zu entkommen. Auch mit dem Zeltaufbau musste ich immer bis zur Dämmerung warten. Ansonsten war das Zelt jeweils gefüllt mit Fliegen und schlafen unmöglich.

Die Distanzen zwischen den Roadhouses sind teilweise ziemlich lang. Dadurch musste ich viel Wasser mitschleppen. Dank dem Anhänger kann ich die Lasten aber besser verteilen. Durchschnittlich verbrauche ich hier in etwa 6 bis 8 Liter Wasser pro Tag.

Am Anfang füllte ich meine Wasserflaschen direkt vom Wasserhahn ab an den Roadhouses. Jedoch musste ich schon bald feststellen, dass das Wasser nicht immer trinkbar ist. Oftmals wird das Wasser aus Bohrlöchern gepumpt.

Somit kommt mein Wasserfilter nun ziemlich oft zum Einsatz. Eine Flasche Wasser kostet hier oft mehr als ein Soft Drink oder eine Dose Bier. Weshalb das so ist konnte mir bislang noch niemand erklären.

Kurz vor den Devil’s Marbles erlebte ich ein paar Gewitterregen. Zum Glück schaffte ich es an einem Abend gerade noch zum Wycliffe Well Roadhouse, wo ich mein Zelt unter einem Dach aufstellen konnte.

Karlu Karlu, auch bekannt als Devil’s Marbles (engl. Murmeln des Teufels), ist eine heilige Stätte der Aborigines. Die Bedeutung des Begriffs Karlu Karlu ist rundes Objekt. Nach ihrer Überlieferung handelt es sich bei den Felsen um die Eier der Regenbogenschlange aus der Traumzeit.

Unter den Karlu Karlu befindet sich ein Granitvorkommen, das durch Verwitterungsprozesse des darüber liegenden Gesteins oberflächennah hervortritt. Bei den kugelförmigen Teufelsmurmeln handelt es sich um rundgeformte Felsen aus Granit, die durch Verwitterung und Erosion entstanden sind.

Ich übernachtete direkt neben den Steinen auf dem offiziellen Zeltplatz. Am Morgen stehe ich jeweils um 5.00 Uhr auf um vor den ersten Sonnenstrahlen schon auf der Strasse zu stehen und die Fliegen freie Zeit geniessen zu können.

Bereits am Abend erreichte ich Tennant Creek. Der einzige Ort zwischen Alice Springs und Katherine mit einem Supermarkt. Da die Temperaturen tagsüber auf über 32° Grad Celsius ansteigen ist es für mich fast nicht möglich frische Lebensmittel zu transportieren.

Erst um 1930, als ein kurzer, aber heftiger Goldrausch ausbrach, erlangte Tennant Creek Berühmtheit. Der Ort war einst der drittgrößte Goldproduzent in Australien und ist immer noch hochproduktiv. In der Region wurden über 210 Tonnen Gold gefördert.

Ich ruhte mich 2 Tage lang in Tennant Creek aus und besuchte dabei auch das Minenmuseum, wo man eine Tour durch eine ehemalige Mine machen kann um mehr über die Geschichte des Minenbaus erfahren zu können.

Die Bootu-Mine im Norden der Stadt exportiert Mangan nach China. Große Bergbauunternehmen suchen in der Region weiterhin nach Bauxit, Blei-Zink-Silber und Kupfer. Die Exploration nach nicht näher bezeichneten Mineralien im Südosten der Stadt hat begonnen.

Bereits 2 Tage nachdem ich Tennant Creek verlassen hatte traf ich kurz nach dem Roadhouse in Renner Springs Sherri. Sie läuft zu Fuss von Alice Springs nach Darwin.

Ihre Tochter erlitt 2014 einen Epileptischen Anfall. In Süd Australien gibt es keine staatliche Unterstützung für Kinder mit Epilepsie. Mit ihrem Lauf versucht sie auf das Problem aufmerksam zu machen und das Bewusstsein in der Gesellschaft zu schärfen https://www.facebook.com/SherrisWalkOfHope/.

Nachdem ich mich von Sherri verabschiedet hatte radelte ich noch ein paar Kilometer weiter und machte am Strassenrand Mittagspause. Plötzlich flitzte ein Velofahrer an mir vorbei. Er kam zu mir zurück und wir entschlossen uns ein wenig gemeinsam zu radeln.

Rene ist vor 14 Monaten von Deutschland aus los geradelt und will von Darwin aus nach Neuseeland weiter reisen https://www.gude-welt.com/. Er ist im Vergleich zu mir ziemlich leicht bepackt und fährt im Tag fast 150 Kilometer. Meine durchschnittliche Tagesdistanz beträgt 80 bis 100 Kilometer.

Am Abend stellten wir kurz vor Elliott unsere Zelte im Busch auf und unterhielten uns noch eine ganze Weile über das Reisen mit dem Velo. Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns wieder von einander. Rene möchte möglich schnell nach Darwin hoch.

Langsam veränderte sich die Landschaft und es wurde immer grüner. Meinen Anhänger habe ich mittlerweile auf den Namen Yak getauft. Ziemlich passend finde ich. Schliesslich muss der Anhänger einiges an Gewicht tragen.

Es ist unglaublich wie viele Leute hier mit Wohnwagen herum fahren. In keinem anderem Land habe ich bislang so viele Wohnwagen Fanatiker gesehen wie in Australien. Ich habe da meine eigene Theorie entwickelt:

Australien hatte schon immer ein Problem mit Überpopulationen. Nachdem die ersten Wohnwagen nach Australien eingeführt wurden vermehrten sie sich rasant. Da sie keine natürlichen Feinde haben ist es schwierig ihre Entwicklung zu stoppen.

In Mataranka erholte ich mich einen Tag lang in den heissen Quellen. Nach so langer Zeit im trockenen Outback war dies eine richtige Erholung. Ausserdem gibt es fast keine Fliegen hier! Einfach traumhaft.

Bereits 2 Tage später traf ich in Katherine ein. Mein letztes Etappenziel auf dem Stuart Highway. Von hier aus geht es für mich weiter nach Westen. Vorerst werde ich mich aber in Katherine ein paar Tage erholen.