Westwärts

Westwärts


Von Katherine aus radelte ich nach ein paar Tagen Erholung weiter in westliche Richtung. Wenn man im Gegenuhrzeigersinn um Australien herum fährt sollen angeblich die Windverhältnisse am idealsten sein. Dies bestätigte sich bei mir gleich von Anfang an mit einem fantastischen Rückenwind.

Somit flog ich förmlich über den Victoria Highway. Der Victoria Highway verbindet den Stuart Highway in Katherine mit dem Great Northern Highway südlich von Wyndham und westlich von Kununurra.

Er ist Teil des australischen National Highway 1 und zusammen mit dem Great Northern Highway die wichtigste Verbindung auf dem Landweg zwischen Darwin und Perth. Seinen Namen erhielt er vom Victoria River und ist insgesamt 537 Kilometer lang.

Kurz vor dem Victoria River veränderte sich die Landschaft langsam. Dies sorgte endlich für ein wenig Abwechslung. Teilweise erinnerten mich die Gebirgsformationen fast an den Grand Canyon in den USA oder die Namib Wüste in Namibia.

Auch einmal wieder Wasser zu sehen in dieser sonst trockenen Umgebung war eine schöne Überraschung. Schwimmen sollte man in den Gewässern jedoch nicht, denn diese sind voll von Süss- und Salzwasser Krokodilen.

Das Australien-Krokodil (Süsswasser, Crocodylus johnsoni) gehört zu den kleineren Krokodilen und erreicht eine Länge von maximal drei Metern. Es hat eine auffällig schmale, spitze Schnauze. Sie gelten als weitgehend scheu und attackieren Menschen nur in Ausnahmefällen.

Ihr grosser Bruder ist das Leistenkrokodil (Crocodylus porosus), auch Salzwasserkrokodil oder Saltie genannt. Es ist das größte heute lebende Krokodil (bis 5m lang). Leistenkrokodile sind die einzigen Krokodile, die im Salz- und Süßwasser leben.

Zwischen Timber Creek und Kununurra überquert ich die Grenze zwischen den beiden Staaten Northern Territory und Western Australia. Wegen Quarantänegefahr darf man kein frisches Obst, Gemüse und einige andere Dinge nach Western Australia einführen.

Der Beamte am Checkpoint war enorm freundlich, gab mir viele Ratschläge mit auf den Weg und bot mir sogar noch Wasser an. Meinen Knoblauch Vorrat musste ich aber schlussendlich trotzdem abgeben.

Dank meinem Anhänger kann ich einiges mehr an Wasser und Essen transportieren. Dies ist auch nötig, den die Distanzen zwischen den einzelnen Roadhouses sind hier noch länger als auf dem Stuart Highway. Eine Gemeinsamkeit gibt es jedoch: die verfluchten Fliegen.

Nach 520 Kilometern kam ich schlussendlich in Kununurra an, die erste richtige Ortschaft seit Katherine. Beim Kimberleyland Waterfront Holiday Park durfte ich mein Zelt direkt am Stausee aufstellen. Einen der schönsten Zeltplätze bislang auf meiner Australien Reise.

Mir gefiel es so gut an diesem Ort, dass ich gleich 5 Tage dort verbrachte. Kununurra wurde in den 1960er Jahren für ein großflächiges landwirtschaftliches Bewässerungsprojekt gegründet und hat sich inzwischen zum touristischen Zentrum der Kimberley-Region entwickelt.

Der Name Kununurra ist eine Verballhornung des Aboriginal-Begriffs Goonoonoorrang, was in der Sprache der Miriwoong 'Fluss' bedeutet. Der Stausee wurde 1963 mit dem Bau des Diversion Dam angelegt. Der See erstreckt sich 55 km vom Diversion Dam flussaufwärts bis zum größeren Lake Argyle.

Der Lake Argyle ist, gemessen am Speicherraum, Australiens zweitgrößtes Süßwasser-Reservoir und der größte Stausee, gemessen an der Wasseroberfläche. Der See ist normalerweise etwa 740 bis 1000 km² groß (bei Hochwasser bis zu 2072 km²). Dies entspricht ungefähr der Fläche von Hong Kong (1106 km²).

Von Kununurra aus ging es für mich zuerst ein wenig weiter nach Süden bis Halls Creek. Davor hatte ich mir noch überlegt die Gibb River Road zu radeln. Der viele Verkehr (bis zu 200 Fahrzeugen pro Tag) verbunden mit dem dadurch entstehenden Staub hielt mich aber davon ab.

Kurz nach Halls Creek kamen mir 2 Velofahrer entgegen. Nicole und Nick sind von Perth aus gestartet, waren zuvor ein paar Monate in Neuseeland und wollen nun bis nach Darwin hoch radeln http://zippert.ch/.

Die Beiden leben in Chur, also fast vor meiner Haustür. Natürlich mussten wir uns eine ganze Weile unterhalten. Sie sind bislang fast nur mit Gegenwind geradelt. Ich wagte kaum ihnen zu erzählen, was für einen fantastischen Rückenwind ich bislang geniessen durfte.

Leider mussten wir uns schon bald wieder von einander verabschieden. Einige Kilometer später stellte ich mein Zelt im Busch auf. Die Nächte hier im Outback finde ich etwas vom schönsten an der ganzen Reise. Der Sternenhimmel kombiniert mit der Stille und Einsamkeit ist einfach unbeschreiblich.

Auf unserem Planeten gibt es nicht mehr viele Orte, wo man noch solche Momente erleben kann. Seit Kununurra radle ich nun auf dem Great Northern Highway. Er verbindet die Hauptstadt des Staates, Perth, mit dessen nördlichster Hafenstadt, Wyndham. Mit 3.204 km ist er der längste Highway in Australien. Er gehört zu den abgelegensten befestigten Straßen der Welt.

Auch hier ist die Landschaft enorm abwechslungsreich und die Temperaturen erreichen momentan teilweise über 35°C (95°F). Dies soll angeblich die kälteste Zeit des Jahres sein. Da es am Morgen jeweils noch schön kühl ist versuche ich immer zum Sonnenaufgang um 5:30 Uhr loszufahren.

Die längste Distanz zwischen zwei Ortschaften musste ich von Halls Creek nach Fitzroy Crossing bewältigen (291km). Was etwa der Distanz von Winterthur nach Genf entspricht. Hier im Outback ist dies ein Katzensprung.

In der Gegend wachsen auch einige Baobab Bäume (Affenbrotbäume, Adansonia gibbosa ). Die Gattung ist ein Endemit des nordwestlichen Australiens und erreicht Wuchshöhen von etwa 6 Meter (selten bis 12 Meter).

An einem besonders grossen Exemplar, bei einem Rastplatz, traf ich Angela und Michael aus Deutschland. Sie haben sich eine einjährige Auszeit genommen und radeln einmal um ganz Western Australia herum https://2-on-bikes-in-oz.blogspot.com/.

Sie gaben mir noch einige nützliche Tipps für meine Weiterreise nach Perth mit auf den Weg. Nachdem ich mich von ihnen verabschiedet hatte radelte ich noch 2 Tage weiter bis ich in Broome ankam. Besonders der Verkehr zwischen Derby und Broome war wegen den Schulferien richtig übel. Auf den letzten Kilometern kam noch der Gegenwind hinzu.

Hier in Broome gibt es sogar ein 5G Netzwerk. Endlich mal wieder eine richtige Internetverbindung. Im Bereich des mobilen Breitbandes liegt Australien zwar auf dem fünften Platz, jedoch sind sie bloss auf dem 62. Platz in der globalen Breitbandgeschwindigkeit (hinter Kasachstan und den Kapverden).

Jetzt habe ich mittlerweile schon mehr als die Hälfte der Distanz zwischen Alice Springs und Perth hinter mich gebracht (2800km). Der Kettenantrieb meiner Pinion ist ziemlich abgenutzt und meine Bremsen sind nach 4 Jahren on the Road auch dem Ende geweiht.

Zudem habe ich bislang immer eine Tasche mit Lebensmittel und Ersatzteilen durch Autofahrer zur nächsten Ortschaft transportieren lassen. Diese benötige ich nun nicht mehr und werde sie nach Perth senden. Somit bleibt mir ein wenig Zeit Broome und den Indischen Ozean zu geniessen.