Plan C

Plan C


Manchmal verläuft beim Reisen nicht alles wie geplant. Dies zeigte sich bei mir schon an meinem ersten Tag in Vietnam. In Phnom Penh hatte ich ein 3 Monate Visa beantragt und beabsichtigte einige Wochen im südlichen Teil des Landes zu verbringen.

Gleich nach dem Grenzübertritt in Tinh Bien realisierte ich, dass hier in Vietnam die Gegend viel dichter besiedelt ist als in Kambodscha. Vor 5 Jahren hatte ich den Norden des Landes schon einmal bereist.

Dieser unterscheidet sich besonders geografisch von dem Mekongdelta in Südvietnam. Die Gegend ist fast flach und es gibt kaum Steigungen (abgesehen von den Brücken).

Das Flussdelta ist durch Sedimentation anstelle einer Meeresbucht entstanden und wächst heute immer noch jährlich um etwa 80 Meter. Es umschließt eine Fläche von ungefähr 39.000 km².

Wenn immer möglich versuche ich irgendwo wild zu zelten. In Thailand und Kambodscha stellte dies überhaupt kein Problem dar und falls mal kein Platz zur Verfügung steht kann man immer noch an einer Schule, Krankenstation oder Tempel um Erlaubnis fragen.

Da ich am ersten Tag gegen 17:00 Uhr Abends (hier in Südostasien geht um 18:00 Uhr die Sonne unter) immer noch keinen Platz für mein Zelt gefunden hatte, hielt ich bei einer Schule.

Die Leute dort halfen mir gerne und öffneten sogar noch extra eine Toilette für mich. Gerade als ich todmüde ins Bett fiel tauchten 2 Polizisten auf. Diese sprachen kein Englisch und mussten zuerst ihren Vorgesetzten auf den Platz rufen.

Dieser erklärte mir dann, dass Touristen in Vietnam in einem Hotel übernachten müssen. Ich war jedoch viel zu müde um noch in ein Hotel umzuziehen. Nachdem ich ihn fragte, ob er nicht eine Ausnahme machen könnte, wurde er gleich wütend.

In einem kommunistischen Land stellt man die Autorität eines Polizisten nicht in Frage und folgt seinen Anweisungen. Gegenüber solchen Idioten reagiere ich jedoch extrem allergisch. Natürlich weigerte ich mich vehement.

Eine halbe Stunde später tauchte dann der nächste Vorgesetzte auf und entschloss mich auf Kosten der Polizei in ein Hotel zu verfrachten. So musste ich schlussendlich meine Sachen wieder zusammen räumen.

Während der ganzen Zeit spielte sich bei mir im Hinterkopf dabei das Lied von Rage Against the Machine ab.

Im Hotel wurde mein kompletter Pass fotografiert und ich musste ein Formular unterschreiben, das auf Vietnamesisch geschrieben war. Dabei fühlte ich mich wie ein Protagonist aus dem Roman von George Orwell . Willkommen im kommunistischen Vietnam!

In der Nacht zerbrach ich mir den Kopf darüber wie es nun weiter gehen soll. Am nächsten Morgen hätte die Besitzerin eigentlich die Polizei verständigen müssen, damit diese mich zur Fähre über den Mekong begleitet und sicher stellt, dass ich auf der vereinbarten Strecke weiter fahre.

Jedoch hatte ich null Bock diesen uniformierten Vollpfosten mit Hohlraum zwischen den Ohren nochmals ins Gesicht zu schauen. So stand ich schon um 4:30 Uhr auf und packte schnell alles zusammen.

Die Besitzerin des Hotels versuchte noch mich aufzuhalten und die Polizei per Telefon zu verständigen. Doch zu diesem Zeitpunkt war ich bereits zurück auf der Strasse und verschwand in der Dunkelheit.

Freud und Leid liegen nah beieinander. Gegen Mittag erreichte ich die Stadt Can Tho und quartierte mich dort im Enjoy Mekong Hostel ein.

Die Stadt gilt nicht nur als die größte des Deltas, sondern auch als dessen ökonomisches, wissenschaftliches und kulturelles Zentrum. Die Touristen kommen hier hauptsächlich hin um die Schwimmenden Märkte zu besuchen.

Das Hostel war eine richtige Oase für mich nach dem ersten unangenehmen Tag in diesem Land. Die Besitzerin hatte grosse Freude an meiner Reise und stellte mich gleich dem örtlichen Veloclub vor.

Mir gefiel es so gut an dem Ort, dass ich schlussendlich 10 Tage dort verbrachte. Danach schwang ich mich wieder in den Sattel mit dem Ziel Saigon (oder auch Ho Chi Minh Stadt genannt). Die Strecke bewältigte ich in 2 Tagen.

Saigon ist die größte Stadt und das wirtschaftliche Zentrum Vietnams. Im Verwaltungsgebiet der Stadt leben ca. 9 Millionen Einwohner. Mir gefiel die Stadt von Anfang an überhaupt nicht. Besonders die vielen Motorroller machten das Velofahren nicht wirklich angenehm.

Zudem ist momentan praktisch alles an Unterkünften ausgebucht. Nach einigen erfolglosen Versuchen ein Zimmer zu kriegen, entschloss ich mich diesem Land den Rücken zu kehren und zurück nach Kambodscha zu radeln.

Bis zur Grenze hin war fast jeder Flecken Land bewohnt und meistens musste ich bis spät in die Nacht hinein suchen um irgendwo mein Zelt aufstellen zu können. Ich fühlte mich dabei schon fast wie ein Verbrecher und auf eine erneute Begegnung mit der hiesigen Polizei hatte ich keine Lust.

Ich war schon fast erleichtert, als ich wieder nach Kambodscha zurück konnte. Aus meinen geplanten 3 Monaten in Vietnam wurde im Endeffekt gerade mal ein 2 wöchiger Aufenthalt.

Mich haben bei diesem Besuch besonders die Menschen, welche unter dieser politischen Repression leiden müssen, zutiefst beeindruckt. Trotz der täglichen Diskriminierung strahlen sie eine enorm positive Lebensenergie aus.

Ich könnte mir nicht einmal ansatzweise vorstellen in einem solchen Land zu leben und muss nach meinem Erlebnis leider Velofahrern davon abraten den Süden Vietnams zu besuchen.

Zurück in Phnom Penh musste ich erneut 5 Tage auf ein neues Thailand Visa warten. In Ostafrika kann man für 100.-$ ein 3 Monate Visa beantragen, welches einem erlaubt in dieser Zeitspanne sämtliche Ostafrikanischen Länder zu besuchen (ähnlich wie das Schengen Visa in Europa). Wieso kann die ASEAN (der Verband Südostasiatischer Nationen) nicht auch so ein Visa ausstellen?

Genau zur selben Zeit trafen Sonja und Aki in der Hauptstadt ein. Sie sind von Nepal aus, wo wir uns zuletzt getroffen hatten, nach Thailand geflogen und zufällig auch gerade in Kambodscha unterwegs.

Natürlich hatten wir uns einiges zu berichten. Die restliche Zeit nutzte ich um meine Sachen zu reparieren und meinen Vorrat an Büchern aufzufrischen. Nach 5 Tagen warten konnte ich dann endlich mein Thailand Visa entgegen nehmen.

Gleich am nächsten Tag verliess ich sofort Phnom Penh. Mittlerweile habe ich fast 1 Monat in dieser Stadt verbracht. Fast zu viel für meinen Geschmack.

An die Hitze hier in Südostasien kann man sich nie wirklich gewöhnen. Mehr daran, dass einem konstant die Kleidung auf der Haut klebt. Ich entschloss mich auf dem Highway Nr. 5 via Pursat, Battambang und Sisophon bis nach Poipet an die Grenze zu radeln.

Das Nahrungsangebot hier in Kambodscha ist schon ein wenig gewöhnungsbedürftig. Irgendwie bin ich manchmal echt froh ein Vegetarier zu sein, wenn ich an den einzelnen Grillstellen entlang der Strasse vorbei fahre. Wollen sie lieber Vogel oder Ratte?

Ich sehnte mich nach einem 7eleven Shop und wollte möglichst schnell wieder zurück nach Bangkok. Durch die Hitze stieg mein Wasserverbrauch auf fast 8 Liter pro Tag an. Zum Glück gibt es aber entlang des Highways genügend Shops, sodass ich mir keine Sorgen über Dehydrierung machen musste.

Einen Zeltplatz zu finden war hier in Kambodscha kein grosses Problem. Dafür gibt es ein anderes Dilemma: Kambodschanische Hochzeiten. Bis in die späte Nacht hinein wird schrille und laute Musik aufgedreht.

Hochzeiten liegen anscheinend ganz gross im Trend. Denn fast in jedem Dorf sah ich mindestens 2-3 Hochzeiten gleichzeitig. Mit Romantik hat dies aus meiner Sicht nichts mehr zu tun sondern grenzt eher schon an Terrorismus.

Gleich nach dem Grenzübertritt in Poipet stürmte ich den ersten 7eleven, den ich sah. Endlich wieder Schokolade! Jeder echter Schweizer weiss, wie man sich nach mehrmonatigem Schokoladenentzug fühlt.

Mich beeindruckt es immer wieder was die Menschen hier alles auf ihre Fahrzeuge laden. Unglaublich was für Ladungen dabei transportiert werden. Das Limit liegt bloss in der eigenen Vorstellungskraft.

In Bangkok konnte ich mich erneut im Spinning Bears Hostel einquartieren und lernte dabei Heike aus Deutschland kennen cyclingcharlotte.com.

Sie war seit 3.5 Jahren mit ihrem Velo (Charlotte) unterwegs und hat sich nun entschlossen in Bangkok ihre Reise zu beenden. Schon bald flog sie zurück in die Heimat.

Ich genoss es sehr mich mal wieder mit einer Velofahrerin zu unterhalten, die auch so lange unterwegs ist. Einige von Heikes Reiseberichten brachten mich ziemlich ins grübeln, was meine eigene Route angeht.

Wohin die Reise nun weiter gehen soll weiss ich noch nicht so genau. Zuerst geniesse ich jetzt einfach mal wieder den Komfort einer Grossstadt und folge meiner Intuition ...