Angkor

Angkor


Am frühen Morgen fuhr ich in Bangkok los. Der Weg raus aus der Stadt war relativ einfach. Man darf sich einfach nicht von dem starken Verkehr ablenken lassen. Die Strasse war meistens flach und es herrschte kaum Wind. So kam ich trotz der Hitze ziemlich schnell voran. Zwischendrin genehmigte ich mir in einem der vielen 7-eleven Shops ein kühles Getränk.

Leider gab meine Kamera definitiv den Geist auf. Schon in Bangkok hatte ich Probleme bekommen. Auf einmal konnte ich nur noch schwarze Bilder schiessen. Die Sonne scheint ihr nicht gut zu tun.

Glücklicherweise habe ich vorsorglich noch eine Ersatzkamera von Zuhause mitgenommen. Die Bilder sind nicht mehr ganz von der selben Qualität, aber besser wie gar nichts! Kurz vor Chachoengsao stellte ich mein Zelt am Wegrand auf. Auf einmal tauchte ein Mann mit seiner Tochter auf. Sie boten mir eine Dusche mit Nachtessen an. Ich war viel zu müde und lehnte dankend ab. Obwohl es bis zur Grenze immer leicht bergauf ging, stand ich eineinhalb Tage später fast am Grenzübergang. Wieder sah man allerlei kuriose Dinge auf der Strasse. Man muss halt nur kreativ genug sein.

In Aranyaprathaet überholte mich Sombat auf seinem Velo. Nach einem kurzen Gespräch lud er mich zum Frühstück ein. Seine Frau zauberte ein köstliches Essen auf den Tisch. Insgesamt hat er Acht Velos und fährt jeden Tag damit zum Training. Bis zu seiner Pension war er als internationaler Wahlbeobachter bei der UNO tätig und hat im Radsport seine neue Leidenschaft gefunden. Wenn er nicht im Sattel sitzt, repariert er für Freunde, Bekannte und Verwandte Velos oder schreibt Blogs thaimtb.com.

Er wirkte für sein Alter enorm fit und beneidete mich für meine Reise. Mit seiner dürftigen Rente fehlen ihm schlichtweg die Mittel, um so etwas finanzieren zu können. Nach einem kleinen Fotoshooting verabschiedete ich mich und fuhr zur Grenze. Das Chaos am Grenzübergang war ein wenig verwirrend. Viel Verkehr, Lärm, Staub und schlechte Beschilderung.

Zuerst musste ich ein Visa für Kambodscha ausstellen lassen. Es kostete mich unverschämte 1200 Baht (40 US Dollars) obwohl offiziell nur 20 Dollar verlangt werden soll. Der Beamte vom Visabüro schien das überhaupt nicht zu interessieren. Nach 20 Minuten hatte ich das Visa und stand kurze Zeit später auf dem Boden des kambodschanischen Königreichs. Beim Geldwechseln lernte ich Arthur aus Holland kennen. Dummerweise ist ihm hier an der Grenze das Geld ausgegangen. Seit ein paar Tagen wartet er jetzt auf eine Überweisung aus der Heimat. Der Wachmann hat ihm erlaubt vor der Bank zu schlafen.

Die Strasse war enorm flach. Gegen Mittag musste ich vor der Hitze in den Schatten flüchten. Gerade wollte ich meine Siesta machen, als Mönche auftauchten. Sie hängten Schriftzüge auf und einer der Mönche unterhielt sich auf Englisch mit mir.

Etwa 90 Kilometer vor Siem Reap fand ich im Eukalyptuswald einen Schlafplatz. Mitten in der Nacht kamen irgendwie Ameisen ins Zelt. Es war nicht mehr an Schlaf zu denken. Die Liste meiner Todfeinde ist um einen Kandidaten länger. Neben den Ameisen sind dies Lastwagenfahrer, Hunde und der Wind. Übermüdet stieg ich am Morgen wieder auf den Sattel und war am Mittag in Siem Reap.

Unterwegs zerbrach meine heiss geliebte Sonnenbrille aus dem Iran in Einzelteile. Die Dusche war eine richtige Wohltat und schon bald war eine neue Brille gefunden.

Zuerst versuchte ich am nächsten Tag meine Kamera in einem Fachgeschäft zu reparieren. Leider ohne Erfolg. Dafür lernte ich im Minimart Sandra und Andi aus Österreich kennen. Sie reisen für 6 Monate durch Südostasien und Australien. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag, um gemeinsam Angkor Wat zu besichtigen. Am Ticketschalter kaufte ich für 60 US Dollar einen Wochenpass. Zuerst kam das Prunkstück, Angkor Wat, zum Zuge.

Der Tempel ist das grösste religiöse Bauwerk der Welt, welches als Nationalsymbol der Khmer dient. Ähnlich wie die anderen Tempelberge bildet auch Angkor Wat eine Miniatur des Weltalls ab. Der zentrale Turm symbolisiert den Berg Meru und die ihn umgebenden niedrigeren Gipfel, eingerahmt von den Kontinenten (tiefer gelegenen Innenhöfen) und den Ozeanen (dem Wassergraben, 190m breit und umfasst ein 1.5 x 1.3km grosses Rechteck). Die siebenköpfige naga (ein mythologisches Schlangenwesen) an der Umfassungsmauer stellen eine symbolische Regenbrücke dar, über die der Mensch den Wohnsitz der Götter erreichen kann.

Angkor Wat wurde von Suryavarman ||. (reg. 1113- 50) errichtet, der Kambodscha vereinte und den Einfluss der Khmer auf den Grossteil des südostasiatischen Festlands erweiterte. Der Tempel widmete er dem Hindugott Vishnu, als Zeichen seiner Ergebenheit. Zufällig wurde dieser etwa zur selben Zeit erbaut wie die gotischen Kathedralen in Europa (Notre Dame, Kathedrale von Chartres). Mehr als 50km entfernt wurden die Sandsteinblöcke, aus denen Angkor Wat besteht, geschlagen und dann auf Flössen den Stung Siem Reap hinunter transportiert.

Mit dem Velo ging es weiter nach Angkor Thom. Die befestigte Stadt umfasst ungefähr 10 Quadratkilometer). Errichten liess sie Angkors bedeutendster König, Jayavarman V||. (reg. 1181- 1219). In ihrer Blütezeit hatte die Stadt etwa eine Million Einwohner, zu einer Zeit, als London sich mit 50’000 begnügen musste. Weil Bauten aus Stein oder Ziegeln den Göttern vorbehalten blieben, waren die Häuser, öffentliche Gebäude und Paläste aus Holz. Sie verfielen vor langer Zeit. Heute sieht man nur noch das Skelett der aussergewöhnlich schönen religiösen Bauten. Zuerst besichtigten wir den Baron.

Danach kam die 350m lange Terrasse des Elefantenkönigs

und zum Schluss noch die 7m hohe Terrasse des Leprakönigs.

Der aus dem 12. Jh. stammende Tempel des Mahayana- Buddhismus soll die enorme Fruchtbarkeit und Macht des Regenwalds verdeutlichen. Nach dieser Besichtigung wurde es uns langsam zu heiss und wir traten mit unseren Velos die Rückreise an. Sandra und Andi fahren jetzt weiter nach Bangkok und von dort aus gehts weiter nach Australien. Gute Reise ihr Zwei!

Zum Glück gab es in der Jugendherberge eine Klimaanlage. So konnte ich mich am Nachmittag jeweils vor der Hitze zurück ziehen. Wieder früh am Morgen ging ich Tags darauf zum 32km entfernten Banteay Srei Tempel. Als ich nach einer Stunde dort ankam, war ich von der Fahrt bereits völlig durchgeschwitzt. Für viele stellt der Banteay Srei das Juwel in der Krone der Angkor- Kunst dar. Der Shiwa gewidmete Hindutempel aus rosa getöntem Sandstein zählt zu einigen der schönsten Steinbildhauereien weltweit. Ab 967 erbaut, gehört zu den wenigen Tempeln um Angkor, die nicht von einem König, sondern von einem Brahmanen in Auftrag gegeben wurden. Seit 2004 wird der Banteay-Srei-Tempel mit finanzieller Unterstützung der Schweiz restauriert.

Besonders die Ausstellung dazu fand ich sehr informativ. Auf dem Rückweg nach Siem Reap besuchte ich noch das Landminenmuseum cambodialandminemuseum.org. Der Gründer, Aki Ra, wurde von der Roten Khmer als Kindersoldat eingesetzt um Minen zulegen. Später wechselte er die Seiten und kämpfte in der vietnamesischen Armee gegen die Roten Khmer. Nach dem Ende des Krieges begann er selbst, mit primitiven Methoden, Landminen zu beseitigen.

1994 wurde er von der UNO ausgebildet und gründete ein Museum und eine selbständige Organisation zum entschärfen von Landminen
cambodianselfhelpdemining.org. Seine Frau kümmert sich um eine Vielzahl von Kindern, die selbst Opfer von Landminen wurden und seither im Museum leben. 2010 wurde Aki Ra von CNN zum Top Ten CNN Hero of the Year ausgezeichnet. Die Ausstellung liefert detaillierte Informationen über Landminen, den Wahnsinn der Roten Khmer und das Leben eines Kindersoldaten. Mir lief es einige Male kalt den Rücken runter. Nur schon die Erzählungen sind schlimm genug. Was Aki Ra in seiner Kindheit erlebt hat, will man sich gar nicht vorstellen.

Gleich am nächsten Tag wollte ich die Tempel von Roluos besichtigen. Sie liegen 13km östlich von Siem Reap und sind eigentlich gut gekennzeichnet. Ich war aber irgendwie noch nicht richtig wach und verfehlte prompt die Abzweigung. Erst nach 30km bemerkte ich den Fehler. Eine kleine Ausfahrt am Morgen schadet auch nicht! Roluos (damals Hariharalaya genannt) diente einst als Hauptstadt von Indravarman |. (reg. 877- 89). Die Tempel gehören zu den frühsten grossen Steinbauten der Khmer und kennzeichnen die Anfänge der klassischen Kunst des Landes. Zuerst besuchte ich den Lolei und das dazu gehörende Kloster.

Anschliessend folgte der Preah Ko

und der grösste der ersten Tempel von Angkor, welcher Shiva gewidmet ist, der Bakong.

Am Abend erfuhr ich aus dem Internet, dass Cédric am Gasherbrum 1 seit Freitag vermisst wird expeditionsnews.ch. Solange es keine Gewissheit gibt, gebe ich die Hoffnung nicht auf. Ursula, Charly und dem gesamten Hometeam wünsche ich in dieser schwierigen Zeit viel Kraft.

Am nächsten Tag wollte ich den westlichen Baray umradeln. Die Fahrt auf der Sandpiste war nicht ganz einfach und die Einheimischen hatten richtig Spass dem komischen „Falang“ (Bezeichnung für Ausländer, bedeutet Langnase) zuzuschauen. Der Westliche Baray liegt knapp außerhalb der Stadtmauern von Angkor Thom und ist west-östlich ausgerichtet. Sein Grundriss ist rechteckig und bemisst sich auf 2,1 Kilometer mal 8 Kilometer; er bildet damit den größten Baray in Angkor. Das Wasser wird von aus Erde gebildeten Deichen gehalten. Im Zentrum des Baray liegt eine kleine künstlich aufgeschüttete Insel mit einem Hindutempel aus der Zeit von Udayadityavarman II., der die Anlage bis 1066 auch fertig stellen ließ. Begonnen wurde sie von Suryavarman I.

Viele kleine Tempel sind erst im Begriff ausgegraben zu werden. Ich besuchte den Ak Yom.

und den Prasat Roluh. Die Atmosphäre hier war herrlich und während der ganzen Zeit begegnete ich keinem einzigen Touristen.

Zum Abschluss des Tages fuhr ich durch das Westtor von Angkor Thom und dann weiter zum Preah Khan (Heiliges Schwert). Dies ist eine der grössten Tempelanlagen in Angkor und wurde von Jayavarman V||. errichtet. Sie beherbergte einst über 1’000 Lehrer und war vielleicht eine buddhistische Universität.

Adam, mit dem ich durch Turkmenistan geradelt bin, schrieb mir von Battambang aus. So entschloss ich mich, ihm einen Besuch abzustatten. Mit dem Bus ging es in 3 Stunden in die 159km entfernte Stadt. Natürlich hatten wir uns viel zu erzählen und verbrachten den ersten Tag hauptsächlich mit plaudern, essen und trinken. Am nächsten Morgen unternahmen wir einen Ausflug mit dem Bambuszug. Dieser besteht aus einer Bambusplattform, die von einem 6HP- Benzinmotor angetrieben wird. Der Fahrer spannt dabei mit einem Stock den Motor um den Keilriemen zu straffen .

Der verrückte Apparat fährt über die verzogenen, einspurigen Gleise aus der französischen Kolonialzeit (1927 erbaut). Jeder normale Zug würde vermutlich bei der Qualität längst entgleisen. Wenn zwei Züge aufeinandertreffen, wird der weniger beladene schnell auseinander gebaut, damit der andere vorbei kommt. Die Fahrt machte saumässig Spass und die Besichtigung der Ziegelfabrik war ebenfalls eindrücklich.

Bereits am nächsten Morgen musste ich wieder meine Rückreise nach Siem Reap antreten. Adam fährt weiter nach Thailand und will bis ende Sommer zurück in Neuseeland sein 2011adamglovercycling.wordpress.com. Good luck Bro for the rest of your Journey. It was nice to see you again!

In der folgenden Nacht suchte mich mal wieder der liebe Durchfall auf. Am Morgen hatte ich zusätzlich Fieber und Kopfschmerzen. So verbrachte ich den Tag ungewollt zwischen Klo und Bett. Dank dem Antibiotika (vermutlich bin ich langsam resistent) konnte ich am Sonntag wieder auf Tempel Tour. Zuerst besuchte ich den Banteay Samre.

Anschliessend folgte der östliche Mebong

Etwa 2km später kam der Preah Neak Pean. Er ist ein weiterer Bau aus dem 12. Jh. von Jayavarman V||. er beherbergt ein grosses quadratisches Wasserbecken, das wiederum vier kleinere quadratische Becken umgeben. In der Mitte erstreckt sich eine kreisförmige Insel.

Auf dem Rückweg kam ich am Pre Rup,

dem Wasserbecken Sra Srang,

den Tempeln Bat Chum,

der etwas abgelegene Banteay Kdei

und zum Schluss Prasat Kravan vorbei.

Nach solch einem Tempeltag hat man jeweils genug gesehen von den Dingern. Am meisten ärgerten mich jedoch die vielen Souvenir- und GetränkeverkäuferInnen. Ihr ständiges „Hello Sir!“ geht einem mit der Zeit mächtig auf die Eier. Mir bleibt jetzt noch ein Tag in Siem Reap und dann geht es weiter nach Phnom Penh, die Hauptstadt Kambodschas. Dort freue ich mich auf ein Wiedersehen mit Philipp und muss zudem mein Laos Visa beantragen.