Hotel Nomad bike family

Hotel Nomad bike family


Früh am Morgen startete ich von der Travel Lodge in Thakek. Auf den ersten 80 Kilometer ging die Strasse an vielen Kahlschlag Flächen vorbei. Nur vereinzelt folgten zwischendrin Abschnitte, in denen der Urwald noch erhalten war. Unglaublich, was die Chinesen sich mit ihrer rücksichtslosen Waldrodung erlauben. Besonders schlimm ist es, dass die Flächen nach dem Kahlschlag abgebrannt werden. Als ehemaliger Forstwart und Baumpfleger machen mich solche Bilder einfach nur wütend.

In der Nacht stellte ich mein Zelt neben einer solchen Fläche auf und genoss die leckeren Pesto Spaghetti. Meine Mutter hatte diese mitgebracht, inklusive Schweizer Reibkäse! Das Feuer brannte immer noch und beim einschlafen konnte man das Knistern hören. Mitten in der Nacht brach ein heftiges Gewitter ein. Mein Zelt stand komplett unter Wasser und an Schlaf war nicht mehr zu denken. So kroch ich am Morgen ziemlich erschöpft aus dem Seidenschlafsack. Bereits bei der ersten Steigung kam ich richtig ins Schwitzen. Müdigkeit, tropische Hitze und Steigungen über 10% sind nicht gerade eine gute Kombination. Die Landschaft entbehrte aber die Anstrengungen und am Abend fand ich in einem Steinbruch den idealen Zeltplatz.

Diesmal kam das Gewitter schon ein wenig früher. Dadurch kühlte sich die Aussentemperatur deutlich ab und ich konnte mein Schlafmangel wieder kompensieren. Die letzten 40 Kilometer zur Grenze in Câu Treo waren erstaunlich flach. Die laotischen Grenzbeamten waren äusserst freundlich und ich konnte meine restlichen Kips in Vietnamesische Dongs umtauschen (20’000 Dongs = 1 US Dollar). Dafür nervten mich die lieben Vietnamesen, als sie für den Stempel 20’000 Dong verlangten.

Anschliessend folgte eine fast 40 Kilometer lange Abfahrt durch die Berge nach Phô Châu. Dort gelangte ich auf den Hô Chi Minh Highway, der mittlerweile von Saigon bis nach Hanoi verläuft. Der Ho-Chi-Minh-Pfad war ein logistisches Netz aus Straßen und Verkehrswegsystemen, das von Nordvietnam nach Südvietnam reichte und zum Teil durch die Nachbarländer Laos und Kambodscha führte. Bereits im Indochinakrieg wurde der Pfad benutzt. Der Pfad diente auch während des Vietnamkriegs als logistische Unterstützung des Nordens für die im Süden kämpfende Nationale Front für die Befreiung Südvietnams.

Der Pfad wurde nach dem nordvietnamesischen Präsidenten Hồ Chí Minh benannt. Die Bezeichnung war jedoch nur im Westen gebräuchlich, in Vietnam wurde der Pfad als Đường Trường Sơn bezeichnet, benannt nach der Gebirgskette Truong Son in Zentralvietnam. Um die Wege des Ho-Chi-Minh-Pfades bei Luftoperationen erkennen zu können, wurden die entsprechenden Regionen zur Entlaubung der Vegetation aus der Luft mit Agent Orange besprüht. Die Schäden sind noch heute deutlich sichtbar.

Es dauert über ein halbes Jahrhundert bis sich die Vegetation einigermassen von dem Herbizid Einsatz erholt hat. Auch in dieser Nacht folgte ein weiteres Gewitter. Die nassen Sachen trocknen bei den heissen Temperaturen zum Glück an der Sonne ziemlich schnell. Anfangs hatte ich ziemlich Mühe Brot aufzutreiben. In Laos braucht man sich diesbezüglich keine Gedanken zu machen.

Hier in Vietnam spürt man auch auf kulinarischer Ebene den Einfluss von China. Die nächsten drei Tage führten durch wunderschöne Landschaften. Besonders schön fand ich die vielen grünen Reisfelder. Dazwischen sieht man vereinzelt auch Mais und Bananenplantagen. Landwirtschaft scheint hier einen grossen Stellenwert zu haben. Die vietnamesischen Bauern sind wahre Künstler beim anlegen der Felder. Diese sind schwungvoll in die Landschaft integriert und in einem ausgeklügeltem Wasserkanal System miteinander verbunden.

Viele für mich skurrile Szene sah ich auf und neben der Strasse. Motorisierte Fahrzeuge sieht man meistens nur in Form von Lastwagen oder Motorrollern. Dafür wird sehr viel mit dem Velo oder Ochsenwagen transportiert. Mir gefallen solche Bilder.

Meinen Geburtstag verbrachte ich wie ein richtiger Velonomade im Sattel. Eigentlich wollte ich mir an diesem Abend etwas früher Feierabend gönnen. Mit 28 Jahren darf man sich so etwas leisten. Jedoch ist es in Vietnam nicht immer einfach ein ruhiges Plätzchen für die Nacht zu finden und so wurde es auch diesmal ziemlich spät. Ich möchte mich an dieser Stelle bei Allen für die vielen Glückwünsche bedanken!

Vietnam ist kein grosser Fan von sozialen Netzwerken. Genau wie in China sind z.B. Facebook oder Youtube nur beschränkt zugänglich. Es lebe der Kommunismus!

In der letzten Nacht vor Hanoi hatte ich eine kleine Auseinandersetzung mit der Polizei. Ich stellte mein Zelt am Strassenrand auf, nachdem ich erfolglos fast 2 Stunden nach einem geeigneten Platz Ausschau gehalten hatte. Erst nachdem ich mein Zelt aufgestellt hatte, ein Nachtessen zubereitet und bereits im Schlafsack lag, rüttelte es um 20:00 Uhr plötzlich an meinem Zelt. Ein Polizist öffnete einfach mein Zelt und leuchtete hinein. Als ich ziemlich wütend ihm auf Englisch nach dem Grund seines arroganten Benehmens fragte, fing er auf Vietnamesisch an zu reden. Ich verstand kein einziges Wort und merkte bald, dass wir zusammen auf keinen grünen Zweig kommen. Anhand seiner Zeichensprache verstand ich zwar schon, dass er mich von hier verjagen wollte, doch um diese Uhrzeit hatte ich überhaupt keine Lust auf solche Spielchen. So schloss ich einfach vor seiner Nase das Zelt und legte mich wieder schlafen.

Etwa zwei Stunden später wiederholte sich das ganze Szenario erneut mit einem anderen Polizist. Auch dieser konnte kein Englisch und so schloss ich das Zelt nach einer Weile wieder und versuchte zu schlafen. Dieser versuchte noch etwa eine halbe Stunde per Handy eine Lösung zu finden, gab dann aber entnervt auf.

Mit leichtem Schlafmangel fuhr ich die letzten 50 Kilometer nach Hanoi. Bereits in Xuân Mai nahm der Verkehr deutlich zu. Trotzdem war ich noch vor der Mittagszeit am Stadteingang.

Es gab ein freudiges Wiedersehen mit der Nomadbikefamily fr.nomadbikefamily.org. Francesco, Diego und Mariano, drei argentinische Velofahrer, waren auch bei ihnen einquartiert. Sie wollen ebenfalls nach China radeln und so fuhren wir am nächsten Tag gemeinsam auf die chinesische Botschaft. Der Visa Prozess verlief hier ganz anders, als in Vientiane. Niemand wollte etwas von Hotel- und Flugreservationen wissen. Einzig den Pass und das Vietnam Visa mussten wir kopieren und das 6 Seiten umfassende Formular ausfüllen.

Am nächsten Morgen konnten wir den Beleg zum einzahlen abholen und Tags darauf mein 30 Tage Visa. Mehr war nicht möglich. Es müsste mir aber reichen für eine Reise nach Peking. Zwischendrin konnte ich meine demolierte Kassette auswechseln. Bereits die dritte auf meiner Reise. Ich bin vermutlich einfach zu blöd für Kettenschaltungen. Die drei Argentinier fanden zudem einen leckeres Nudel Suppen Restaurant und offerierten leckeren Matte Tee. Auch das defekte Objektiv konnte in einem Canon Fachgeschäft erneuert werden. Wunderbar!

Am nächsten Tag luden uns die Argentinas ein ihr Spektakel anzuschauen. Die Leute hatten grossen Spass an ihrem Auftritt. Erst spät in der Nacht kamen wir nach Hause.

Am nächsten Tag traf ich mich mit Gordon. Wir hatten uns das letzte Mal vor einem Jahr in Istanbul getroffen. Es gab viel zu erzählen. Gordon hatte in Indien einen irreparablen Schaden an seinem Velo durch einen Unfall erlitten und reist seither als Backpacker durch Asien. Good luck Gordon for the rest of your Journey. It was great to see you again!

Auch mein Vorderreifen gab definitiv den Geist auf. So konnte ich mein Faltpneu, den ich schon seit Anbeginn der Reise mit mir rum schleppe, montieren.

Am Sonntag trafen Laure und Pierre im Hotel Nomadbikefamily ein. Ihr Warmshower Contact scheint richtig beliebt zu sein. Die Beiden sind im März 2010 mit ihren Liegerädern von Frankreich aus gestartet und dann via Südamerika, Neuseeland, Australien und Südostasien nach Hanoi gelangt. Von hier aus geht es via China, Zentralasien zurück nach Europa. Bon Voyage Laure et Pierre! Die drei Argentinier besuchten uns nochmals und wir wurden mit leckeren Gnocchi verwöhnt. Muchas gracias y adiós Francesco, Mariano e Diego!

Am 2. Mai führten Sandra und Patrick uns zuerst zum Suppen Restaurant. Dort stiessen Laura und Benoît mit ihren Liegerädern zu uns. Sie sind von der Schweiz aus durch Europa, Türkei und Iran gereist, haben dort ein Frachtschiff nach Malaysia genommen und wollen jetzt noch bis Hongkong weiter reisen. Dann soll es zurück in die Heimat gehen. Die beiden erwarten schon bald Nachwuchs. Härzliche Glückwunsch et au revoir dans la Suisse! Sandra und Patrick führten uns in die Dörfer, welche sich um Hanoi befinden. Die Hitze machte uns Allen ein wenig zu schaffen. Dafür wurden wir mit der Besichtigung einer wunderschönen Pagode belohnt.

Am Abend half uns die erfrischende Dusche, den Hitzestau zu beseitigen. Für mich war es eindrücklich, die andere Seite dieser boomenden Hauptstadt zu sehen.

Einige Dinge sind mal wieder defekt geworden. So mussten meine Hosen und der Seidenschlafsack genäht, die gebrochenen Hacken an der Vorderradtasche repariert und der Reissverschluss beim Hilleberg Zelt ersetzt werden. Am Samstag feierte Manu seinen 7. Geburtstag im Americans Club mit einer grossen Schatzsuche, die Sandra für die Kinder organisiert hatte. Ich durfte als Clown meinen Beitrag dazu leisten.

Wir assen so viel Kuchen, dass es mir fast schlecht wurde am Schluss. Nach diesen 12 tollen Tagen in Hanoi geht es jetzt weiter nach China. Merci beaucoup Sandra, Patrick, Ella, Leeroy et Manu pour tous. Au revoir à la Suisse.