Der Veloweg

Der Veloweg


Der Grenzübertritt am Hafen von Busan war mit Abstand einer der leichtesten auf meiner bisherigen Reise. Ohne zu fragen bekam ich gleich ein 3 Monate Touristen Visum und mein Gepäck wurde nicht einmal kontrolliert.

Was mich sofort irritierte als ich auf die Strasse fuhr, war der Rechtsverkehr. Seit fast 2 Jahren bin ich bislang nur in Ländern mit Linksverkehr geradelt. Nicht einfach wieder umzustellen.

Südkorea ist im Vergleich zu Japan schon eine Spur günstiger und so konnte ich mir zum ersten Mal seit 3 Monaten wieder eine Unterkunft leisten. Im Hostel angekommen, erwartete mich gleich eine Überraschung.

David, alias Dave the beaver d-t-b.ch, hatte sich ebenfalls dort einquartiert. Er ist fast schon gleich lang wie ich unterwegs. Von Klosters aus radelte er mit seinem Solar Trike einmal quer durch Asien entlang der Seidenstrasse.

Sein Gefährt fand ich echt beeindruckend. Natürlich hatten wir tagelange Konversationen übers Velofahren und Reisen. David möchte jetzt weiter nach Südostasien reisen. Ein Solar Trike zu verschiffen ist jedoch eine echte Herausforderung.

Neben den endlos langen Diskussionen mit David und Matt, einem weiteren Velofahrer aus Manchester, besichtigte ich auch ein wenig die Stadt. Busan ist nach der Hauptstadt Seoul die zweitgrößte Stadt Südkoreas. Die Millionenstadt ist eine der führenden Industriestädte des Landes.

Bei meinen Spaziergängen entdeckte ich den Samgwangsa Tempel. Dieser wurde 1986 erbaut und ist dem Cheontae gewidmet. Cheontae ist der koreanische Nachfahre der chinesischen buddhistischen Schule Tiantai.

Nach einer Woche hatte ich mich gut erholt und entschloss deshalb weiter zu radeln. In Südkorea gibt es ein Veloweg Netzwerk fast durch das ganze Land hindurch. An den Startpunkten erhält man für 4’500.- Won (ca. 3.50.- Euro) einen Pass und eine Streckenkarte.

Unterwegs gibt es rote Telefonkabinen, wo man Stempel sammeln kann bis der Velopass irgendwann mal voll ist. Ein tolles System um Leute zum Velofahren zu animieren.

Der Verkehr ist hier etwa gleich stark ausgeprägt wie in Japan und daher finde ich die Lösung mit diesen Velowegen enorm sinnvoll. Neben der Unfallprävention kann man als Velofahrer auch einfach mal die Landschaft geniessen und muss sich nicht ständig auf den Verkehr konzentrieren.

Meine erste Etappe führte dem Nakdonggang Fluss entlang, dieser ist mit 526 km der längste Fluss Südkoreas. Das Gebiet um den Fluss ist historisch gesehen auch für Japan bedeutend. Während der Yamato-Zeit befand sich dort der Staat Gaya, der Eisen nach Japan exportierte.

Die Velowege führen meist dem Fluss entlang, abseits von der Zivilisation. Dies genoss ich in vollen Zügen. Einen Nachteil hatte das ganze jedoch: Ich musste wieder selber kochen, da es nicht mehr an jeder Ecke einen Laden gibt.

Die flachen Strecken waren echt genial zum fahren und meistens ist alles ziemlich gut beschildert. Jedoch häufig nur auf Koreanisch. Glücklicherweise gibt es aber enorm viele Velofahrer auf der Strecke, die meistens ziemlich gut Englisch sprechen.

Auch Schlafplätze zu finden war überhaupt kein Problem. Entlang des Weges gibt es immer wieder Pavillons, die den Bauern während der Arbeit auf dem Feld als Rastplatz dienen. Meistens reichte der Platz darunter gerade aus um mein Zelt darin aufzustellen.

Die Menschen hier in Südkorea sind ebenfalls sehr freundlich. Sie verbiegen sich jedoch nicht so oft vor einem wie die Japaner. Jeden Tag schenkten mir Leute Verpflegung und fast alle Velofahrer staunten über Dusty (mein beladenes Velo).

Mit wenigen kleinen Gesten fühlt man sich meistens schon enorm willkommen und oftmals motivierten mich die Leute hier immer wieder. Dies war auch bitter nötig, den die Steigungen in Südkorea sind nicht gerade lustig.

Strassenbau ist hier etwa vergleichbar mit Afrika. Immer gerade den Berg hoch und gleich wieder runter. Scheissegal wie steil es ist. Oftmals musste ich deshalb absteigen und schieben. Ein wenig Oberkörper Training schadet ja auch nicht.

Vom Nakdonggang Fluss aus ging es über den Saejae Bergpfad an den Namhangang Fluss. Von dort aus war es nicht mehr weit bis nach Seoul. Ein Veloweg ist in Asien schon fantastisch. Etwa 40km vor der Hauptstadt kam noch ein weiteres Highlight:

In Südkorea baut man nicht nur Velotunnels. Nein, diese werden gleich noch in sogenannte umgewandelt. Das Farbenspiel in den Tunnels erinnerte mich ziemlich an einen LSD Trip.

Der Winter hielt langsam Einzug und besonders die Nächte wurden richtig kalt (minus -5°C Grad). Leider bin ich für solche kalte Temperaturen nicht ausgerüstet. Ursprünglich wollte ich von Seoul aus an die Ostküste radeln um dort Jang, meinen Weggefährten in Sambia, zu besuchen.

Das Wetter machte jedoch einen Strich durch meine Rechnung. In Seoul fand ich ein schönes Gästehaus, wo ich mich ein paar Tage erholen konnte und neue Reisepläne schmiedete.

Die Einwohnerzahl von Seoul beträgt 10 Millionen (2015). Die Stadt ist das Zentrum der Metropolregion Sudogwon, in der etwa 25,4 Millionen Menschen leben. Fast viermal so viele wie in der Schweiz.

Am Schluss entschloss ich mich nach Südostasien zu fliegen. Der Incheon Flughafen liegt etwa 65km ausserhalb vom Stadtzentrum auf einer Insel. So radelte ich zuerst das letzte Stück des Veloweges dem Ara Veloweg entlang.

Die letzte Nacht verbrachte ich auf dem Flughafen und staunte am nächsten Tag erneut über den reibungslosen Ablauf auf dem Flughafen.

Südkorea hat mich von der ersten Minute an begeistert. Besonders das Veloweg Netzwerk fand ich genial. Viele Velofahrer empfanden dies als ziemlich monoton, was aus meiner Sicht nicht zutrifft. Nach 31 Monaten auf verkehrsreichen Strassen war dies Balsam für meine Seele.

Die Menschen hier sind richtig Sportbegeistert, reisen gerne und versuchen ihre Leidenschaft in vollen Zügen auszuleben. Ihre Gastfreundschaft und Interesse gegenüber anderen Kulturen ist bemerkenswert.

Für Velofanatiker kann ich dieses Land nur wärmstens empfehlen. Wegen des kalten Wetters konnte ich leider nicht alle meine Pläne verwirklichen. Bestimmt kehre ich nochmals hierhin zurück. Darauf freue ich mich schon jetzt. Ein grosses an all die Menschen in Südkorea.