Im Naturparadies

Im Naturparadies


Montenegro ist nicht flach. Das musste ich gleich von Anfang an realiseren. 70% des Landes sind mit Bergen bedeckt. Erst seit 2006 ist Montenegro ein unabhängiger Staat. Rein von der Topographie her bietet es sich als idealen Spielplatz für Naturliebhaber an.

Gleich nach der Grenze ging es in mehreren Kilometern Abfahrt runter nach Pljevlja. In dieser Gegend wird noch relativ viel Landwirtschaft betrieben. Während auf der bosnischen Seite noch viele Strecken bewaldet waren, hatte man hier plötzlich eine tolle Aussicht auf die Umgebung.

Auch in der Nacht blieben die Temperaturen wunderbar angenehm frisch. Fast immer fand ich auf einem der zahlreichen Passübergängen einen Platz zum übernachten. Vom Rudina Pass (1’205 m.ü.M.) aus fuhr ich an einen mir bekannten Ort. Vor 10 Jahre hatte ich die Tara Schlucht mit dem Kanu befahren. Die Tara ist der längste Fluss Montenegros. In ihrem Unterlauf hat sie eine spektakuläre Schlucht ausgebildet, die die längste und tiefste Europas ist.

Die grösseren Ortschaften sind meistens weit von einander entfernt. Dadurch musste ich zum ersten Mal meine Etappen möglichst genau planen. Mit dem Wasser ist das zum Glück kein grosses Problem, es fliesst von allen Seiten den Berg hinunter. Viel mehr das Essen war wichtig. In Mojkovac machte ich nochmals einen Grosseinkauf und fuhr anschliessend in den 10 Kilometer entfernten Biogradska gora National Park. Obwohl es sich um den kleinsten Nationalpark Montenegros handelt, bietet der Nationalpark Biogradska Gora eine große Vielfalt an Flora und Fauna. Es werden 26 Lebensräume von Pflanzen mit 2000 verschiedenen Arten und Unterarten unterschieden. Viele davon sind endemisch.

Vor allem ist der Park bekannt wegen seines 16 km² großen Urwalds mit über fünfhundert Jahre alten Bäumen, der sich rund um den Biogradsko Jezero (See) erstreckt. Er gilt als einer der ganz wenigen urzeitlichen Wälder Europas. Am See gibt es einen kleinen Campingplatz. Mir gefiel der Ort dermassen gut, dass ich gleich 3 Tage dort blieb.

Auf meiner Karte war eine abenteuerliche Route eingezeichnet. Ich war mir ein wenig unschlüssig ob diese mit meinem Traktor zu bewältigen ist. Am zweiten Tag auf dem Camping wurde meine Ungewissheit aber gleich verbannt. Plötzlich tauchten 2 Velofahrer genau auf diesem Weg auf. Barbara und Sebastian sind von der Türkei aus nach Singapur geradelt, von dort aus mit dem Flieger wieder in die Türkei und radeln jetzt langsam nach Hause in Deutschland.

Damit war der Fall für mich klar. Am vierten Tag verabschiedete ich mich vom See und den vielen Mücken. Anfangs war die Strasse noch relativ gut befahrbar. Doch nach einer Weile hiess es absteigen und stossen. Die ganze Fahrt durch den Park war enorm hart aber der Ausblick und die Landschaft entbehrten die Anstrengungen allemal.

Die Strassen in Montenegro sind genau wie in Bosnien enorm eng und es herrscht ziemlich viel Verkehr. Deshalb versuchte ich möglichst auch hier auf kleine Nebenstrassen auszuweichen.

In Rožaje, der letzten Stadt vor der Grenze zum Kosovo, lud mich ein Mann zu einem Türkischen Kaffee ein. Skenderi hat viele Jahre in Deutschland verbracht. Seine 4 Kinder arbeiten und studieren alle in Deutschland. Er erzählte mir dass hier in Rožaje seit Anfang 2015 schon mehr als 6’000 Menschen in Richtung Nord Europa ausgezogen sind, weil die Menschen einfach nichts zu essen haben. Die meisten Leute, die noch hier leben, können nur dank der Unterstützung ihrer Verwandten im Ausland über die Runden kommen.

Für die Fahrt zur Grenze zum Kosovo hoch benötigte ich zwei Tage. Montenegro ist ein landschaftlich wunderschönes Land. Politisch gesehen steckt es noch in den Kinderschuhen. Ich bin gespannt wohin sich Montenegro in Zukunft entwickeln wird. Hoffentlich kann es seine Naturschätze bewahren.