Im Storchenland

Im Storchenland


Schon nach wenigen Kilometer kam ich in der Hauptstadt Kroatiens an. Zagreb hat ein ganz besonderes Flair. Erst um 21:00 Uhr Abends fand ich in der Nähe des Hauptbahnhofs eine Jugendherberge zum übernachten. Zagreb ist bereits über 900 Jahre alt und hat einiges zu bieten. Viele Museen und Grünanlagen sind um die ganze Stadt verteilt. Eigentlich wollte ich nach einem Tag wieder weiter fahren. Die Stadt gefiel mir aber so gut, dass ich noch zwei Tage länger blieb.

Die ersten paar Kilometer aus der Stadt hinaus führten dem Sava Fluss entlang. Zum letzten mal für lange Zeit konnte ich nochmals auf einem abgelegenen Feldweg fahren. Schon nach kurzer Zeit ging der Weg aber zu ende und so musste ich auf die Strasse zurück.

Die erste tollen Begegnungen hatte ich bereits am nächsten Tag in Sisak. Ein paar Damen passten vor der Kirche auf mein Velo auf, schenkten mir 4 Liter Getränke und zwei Amulette für meine Weiterreise. Der Höhepunkt kam kurz danach bei der Festung von Sisak. Dort traf kurz nach mir eine Gruppe von Velofahrern ein. Sie nahmen mich gleich mit zu einer kostenlosen Besichtigung und anschliessendem Pizzaessen.

Ksenija, eine Teilnehmerin aus der Gruppe und ihr Mann, organisierten sofort die weiteren Übernachtungsplätze auf meiner Fahrt durch Kroatien. In ganz Kroatien gibt es ein Netzwerk von Velofreunden, die sich in jeder Stadt zusammen schliessen und regelmässig Ausflüge zusammen durchführen. Personen sämtlichen Alters können dabei mitmachen. Egal wie fit und sportlich man ist. Eine tolle Sache.

Zuerst durchquerte ich am nächsten Tag den Naturpark Lonjsko polje. Er ist eines der größten und am besten erhaltenen Feuchtbiotope Europas entlang des Flusses Sava. Allein 239 Vogelarten leben in diesem Naturpark. Aufgrund der Anzahl von etwa 45 Storchennestern erhielt das sich im Naturpark befindliche Dorf Cigoc im Jahr 1994 als erste europäische Ortschaft die Auszeichnung „Europäisches Storchendorf“. Die alten traditionellen Holzhäusern mit den Storchennestern oben drauf sind wunderschön und auch das Leben hier macht einen richtig idylischen Eindruck.

In Krapje konnte ich mit dem Velo einen Rundgang durch das Schutzgebiet machen. Bei der Parkverwaltung kriegte ich einen Schlüssel für die Aussichtstürme im Schutzgebiet. Von oben kann man besonders die Löffler (Platalea leucorodia) sehr gut beobachten.

Am nächsten Tag konnte ich dann bei den Eltern von Ksenija in Jasenovac übernachten. Am Ende der Ortschaft befindet sich eine Gedenkstätte. Das Konzentrationslager Jasenovac war während des Zweiten Weltkrieges das größte Konzentrations- und Vernichtungslager im Faschistischen Unabhängigen Staat Kroatien (NDH) sowie eines der größten in ganz Europa. Es war das einzige Vernichtungslager im Zweiten Weltkrieg in Europa, in dem ohne deutsche Beteiligung planmäßig gemordet wurde. In Jasenovac starben größtenteils Serben, aber auch zahlreiche Juden und Roma, sowie Regimegegner, darunter auch Kroaten und bosnische Muslime.

Ein weiteres Kapitel der kroatischen Geschichte folgte gleich danach auf der Fahrt nach Nova Gradiska. Der Jugoslawienkrieg der 1990er Jahre hat viele Industriezweige zerstört. Einige Ortschaften sind fast komplett aufgegeben worden. An vielen Gebäuden sieht man immer noch die Spuren des Krieges.

In Nova Gradiska wurde ich von Ivan, dem Präsidenten des hiesige Veloclubs empfangen. Zusammen mit ein paar Vereinsmitgliedern luden sie mich zum Pizzaessen ein. Sie erzählten mir einiges über die Region. Weil die wirtschaftliche Lage hier so schlecht ist zieht es die meisten Leute entweder in den Süden Kroatiens oder ins Ausland. Ivan verdient als Grenzbeamter gerade mal 500.- Euro im Monat. Für meine Reise zu finanzieren musste ich 2 Jahre in der Schweiz arbeiten. Verglichen mit dem Einkommen hier in Kroatien hätte ich bei dem Gehalt mindestens 10 Jahre arbeiten müssen.

Am nächsten Tag ging es dann weiter nach Slovanski Brod. Die ganze Strecke ist eigentlich ein ganzes lang gezogenes Dorf. In Slovanski Brod wurde ich von Ilica und Branka beherbergt. Ihre Tochter war auch gerade aus Irland auf besuch und fungierte für uns als Übersetzerin. Sie verwöhnten mich nach aller Kunst der Gastfreundschaft.

Zum Abschluss begleiteten sie mich noch bis über die Grenze nach Bosnien und Herzegovina und schenkten mir ein T- Shirt von ihrem Veloclub. Ich war von der Gastfreundschaft dieser Menschen einfach überwältigt. Puno Hvala Hrvatska!