Mais und Menschen

Mais und Menschen


Gleich beim Grenzübergang merkte ich, dass in Uganda die Dinge ein wenig anderst laufen. Die Dame von der Einreisebehörde hatte keine Visakleber mehr übrig und wollte mich nicht an die nächste Grenze schicken. Deshalb knallte sie einfach einen Einreisestempel in meinen Pass, ich bezahlte 100.-$ Dollar Gebühren und schon war ich offiziel in Uganda eingereist. Afrikanische Bürokratie kann manchmal echt schön sein!

Ein weniger schöner Abschnitt folgte gleich danach in Sachen Strasse. Hier schaffen sie es sogar noch misserablere Strassen zu bauen als in Kenia. Generell geht es immer vom tiefsten Punkt in der Landschaft auf den höchsten und gleich wieder runter. Oftmals konnte ich nur noch absteigen und mein Velo schieben. Asphalt ist hier enorm Mangelware weshalb man permanent von den vorbei fahrenden Fahrzeugen eingestaubt wird.

Nach zwei Tagen kam ich total schmutzig und erledigt in Sipi an.Das Mount-Elgon-Gebiet ist wegen seiner hohen Niederschläge und fruchtbaren Böden seit Jahrhunderten ein bevorzugtes Siedlungsgebiet. Der Mount Elgon gehört zu den höchsten Bergmassiven Ostafrikas. Er ist der älteste der zum Großen Afrikanischen Grabenbruch gehörenden Vulkane. Sein letzter größerer Ausbruch geschah vor etwa 12 Millionen Jahren und seit 3 Millionen Jahren ist er nicht mehr ausgebrochen.

Die Menschen hier in Uganda sind enorm freundlich, sprechen sehr gut Englisch und ich fühlte mich von Anfang an ziemlich sicher. Das Hauptproblem ist nur, dass es einfach viel zu viele von ihnen gibt. Hinter jedem Busch sitzt bestimmt jemand. Eine Familie mit 8- 12 Kindern ist hier ganz normal. Finden die Kinder keine Arbeit, kriegen sie von ihren Eltern ein Stück Land damit sie darauf ihr eigenes Haus bauen können und ein wenig Landwirtschaft betreiben. Dadurch ist praktisch kein einziger Fleck hier unbebaut oder nicht bewirtschaftet. Meistens musste ich in den Dörfern fragen, ob ich dort mein Zelt aufstellen konnte. Dabei kam in der Regel das ganze Dorf um mir über die Schulter zu schauen. Selbst als ich schon im Schlafsack lag standen immer noch teilweise 200 Leute um das Zelt herum.

Die meisten Menschen hier sind sehr an mir interessiert und wollen immer wissen von wo ich komme und was der Zweck meiner Reise ist. Eigentlich finde ich das enorm schön. Wenn man jedoch tausendmal am Tag immer wieder die gleichen Fragen beantworten muss wird es mit der Zeit ziemlich mühsam. Zuviel Gastfreundschaft kann manchmal halt auch ins Gegenteil umschlagen.

In Jinja wollte ich zuerst auf dem Nile River Explorers Camp ein paar Tage mich erholen. Die Unterkunft gehört zum Unternehmen, das auch River Rafting Touren auf dem Nil anbietet. In der Nacht drehte die Bar die Musik auf volle Lautstärke und machte bis 3:00 Uhr am Morgen Party. Dies war definitiv nicht mein Ding. Am nächsten Tag fuhr ich auf die andere Flussseite und fand dort mein Paradies.

Rainer, der Besitzer der Anlage, reiste vor ein paar Jahren von Deutschland aus mit seinem Motorrad durch Afrika. Die Stelle hier an der ersten Stromschnelle des Nils gefiel ihm dermassen gut, dass er beschloss eine Luxusunterkunft zu bauen. Er war ziemlich begeistert von meiner Reise und bot mir an, ein paar Tage in einem von seinen Häusern zu übernachten. Dies war definitiv meine beste Unterkunft auf der ganzen bisherigen Reise!

Der Victoriasee hat sich erst vor etwa einer Million Jahren in der flachen Senke zwischen den zwei Hauptarmen des Ostafrikanischen Grabens gebildet. Nach dem Ende der Würm-Kaltzeit ist der See vor etwa 12.000 Jahren nach Norden hin übergelaufen und fand Kontakt mit dem Flusssystem des Weißen Nil. Der Weiße Nil ist ein Quellfluss des Nil, des längsten Stroms in Afrika. Sein Quellfluss oberhalb des Victoriasees ist fast 900 km lang, zwischen dem Victoriasee und Khartum hat er eine Länge von 2870 km.

Eigentlich wollte ich nur zwei Tage hier bleiben. Am Schluss verbrachte ich eine ganze Woche an diesem traumhaften Ort. Besonders genoss ich die Ruhe und einfach mal keine Menschen zu sehen. Vielen Dank Rainer und dem ganzen Team für die tolle Zeit!

Die Realität holte mich bereits am ersten Tag der Weiterreise ein. Auf den Nebenstrassen ist der Verkehr zwar ziemlich angenehm und viele Menschen transportieren mit ihren Velos Sachen durch die Gegend. Jedoch rufen in jedem Dorf die Kinder immer in voller Lautstärke “Muzungu“ wenn sie mich sehen. Genau genommen ist ganz Uganda ein einziges riesiges Dorf und deshalb habe ich jeweils am ende des Tages ein ziemliches Muzung- Trauma.

Des öfteren schaute am Abend auch die Polizei vorbei und war sich oftmals nicht sicher, ob sie mich im Dorf übernachten lassen kann. Nach einem anstrengenden Tag auf dem Velo ist man am Abend meistens mit den Nerven am Ende. Mit vollem Gebrüll vertrieb ich oftmals die uniformierten, inkompetenten Volltrotteln um endlich in Ruhe schlafen zu können.

Alleine über die Erlebnisse mit der Polizei hier in Afrika könnte ich jetzt schon ein Buch schreiben. Mittlerweile habe ich meine eigene Methode entwickelt um mit ihnnen klar zu kommen. Permanent erfinde ich neue Witze über sie. Wie zum Beispiel: „Was entsteht wenn man 10 afrikanische Polizisten Ohr an Ohr neben einander aufstellt? -Ein Windluftkanal!“

Eigentlich wollte ich am Hafen von Kampala (in Port Bell) die Fähre auf die Sesse Inseln nehmen. Jedoch wurde mir am Hafen erklärt, dass diese nicht mehr in Betrieb ist. So musste ich nochmals 70 Kilometer bis Entebbe radeln um dort die noch einzig funktionierende Fähre zu erwischen.

Bugala ist die größte und die Hauptinsel der Ssese-Inseln, im ugandischen Teil des Victoriasees. Bugala ist nach dem tansanischen Ukerewe die zweitgrößte Insel im Victoriasee.

Auf dem Campingplatz in Kalangala wollte ich mich ein paar Tage erholen. Die Betreiber stellten jedoch in der Nacht Lautsprecher auf und liessen Musik auf vollen Touren dröhnen. So stieg ich halt bereits nach einem Tag wieder in die Pedalen und radelte einmal quer über die Insel. Die Insel war bestimmt einmal ein traumhaft schönes Fleckchen Land mit viel Regenwald. Mittlerweile wird hier jedoch in grossem Stil Palmöl produziert und der einst schöne Urwald musste den Plantagen weichen.

Mein nächstes Zielland war Ruanda. Deshalb fuhr ich auf ziemlich direktem Weg an den nächst möglichen Grenzübergang. Uganda ist kein flaches Land. Ich würde es am ehesten mit dem Appenzellerland in der Schweiz vergleichen. Auf den Hauptstrassen ist es in Sachen Menschen schon ein weniger angenehmer. Jedoch wird hier ohne Rücksicht drauf los gefahren. Besonders den Velofahrern schenkt man kaum Beachtung. Zum Glück ist das Verkehrsaufkommen in diesem Teil des Landes nicht so extrem, weshalb ich noch einigermassen glimpflich davon kam. Erstaunt war ich besonders über die gute Infrastruktur. Praktisch in jeder grösseren Ortschaft fand ich immer einen Supermarkt mit allen wichtigen Dingen. So musste ich nicht ständig Lebensmittel und Wasser für mehre Tage mit mir herum schleppen.

Meine letzte Nacht vor der Grenze zu Ruanda verbrachte ich in einer Bananenplantage. Der Besitzer war nicht gerade besonders erfreut, dass ich hier mein Nachtlager aufschlagen wollte. Ich hielt ihm und den anderen 200 Leuten (inklusive Polizei) einen ausführlichen Vortrag, was ich von ihrer Familienplanung und dem Umgang mit der Natur in diesem Land halte. Danach war die Sache erledigt. Leider machte irgendwo im Tal ein Club die ganze Nacht Musik, sodass an Schlaf eh nicht zu denken war.

Uganda war für mich ein Land in dem ich mich sehr sicher und willkommen gefühlt habe. Individualtourismus steckt hier definitiv noch in den Kinderschuhen. Vielleicht kommen andere Reisende besser mit so vielen Menschen klar als ich. Ein bisschen weniger Menschen und dafür mehr Natur würden Uganda, für mich persönlich , schon fast zu einer Traumdestination machen.