Misstrauen

Misstrauen


Bereits bei der Ankunft meiner Mutter am Flughafen von Kairo mussten wir uns mit den aufdringlichen Taxifahrern zurecht finden. Eine dankende Ablehnung auf ihr Angebot missachten sie meistens und insistieren, bis man sie richtig heftig davon jagen muss. Am Anfang erträgt man das einigermassen. Mit der Zeit brennen einem die Nerven durch. Wie überall auf der Welt versuchen die Fahrer die Preise in die Höhe zu treiben. Nicht gerade ein schöner Anfang in einem neuen Land.

Am ersten Tag besuchten wir zuerst das Ägyptische Museum in Kairo und erlebten eine positive Überraschung. Die Leitung hatte im Dezember eine Fotoerlaubnis für alle Besucher ausgesprochen. Dies nahmen wir natürlich dankend an. Es ist das weltweit größte Museum für altägyptische Kunst und enthält Werke aus verschiedenen Epochen der altägyptischen Kulturgeschichte. 1900 wurde es nach Plänen des französischen Architekten Marcel Dourgnon im neoklassischen Stil erbaut. Die Eröffnung fand 1902 statt. Die Ausstellung erstreckt sich über zwei Stockwerke mit über 100 Sälen und 150’000 Artefakten. Die meisten davon sind völlig verstaubt und die ganze Aufmachung erinnert mehr an ein Brockenhaus als an ein Museum. Der Zustand stimmt einem ziemlich nachdenklich. Mit wenig Mitteln und professioneller Betreuung könnte man hier einiges mehr aus dem ganzen heraus holen.

Ein Besuch der Pyramiden von Gizeh darf natürlich nicht fehlen wenn man schon mal in Ägypten ist. Hat man erst einmal alle aufdringlichen Kamel- und Kutschenfahrer vertrieben und ein Ticket gekauft (der Ticketschalter ist weder beschildert noch angeschrieben) steht man direkt vor den Pyramiden. Sie sind das einzige erhaltene der sieben Weltwunder der Antike und zählen seit 1979 zum Weltkulturerbe.

Die Pyramiden entstanden etwa zwischen 2620 bis 2500 v. Chr. in der 4. Dynastie.Die größte und vermutlich bekannteste Pyramide ist die des Pharao Cheops. Er regierte etwa um 2620 bis 2580 (nach anderer Quelle um 2604 bis 2581) v. Chr. Sie wurde aus rund 3 Millionen Steinblöcken errichtet, deren durchschnittliches Gewicht je bei 2,5 t liegt, und war komplett mit Kalksteinblöcken verkleidet.

Die mittlere der drei Pyramiden ist die des Pharao Chephren. Er regierte von etwa 2558 bis 2532 v. Chr. Sie wirkt durch ihren etwa 10 m höher gelegenen Standort wegen ihrer nur geringfügig kleineren Größe und Höhe sogar größer als die Cheops-Pyramide, und ihre Spitze ragt über deren Spitze hinaus, weshalb sie von Laien oft für die Cheops-Pyramide gehalten wird. Nördlich des Taltempels und des Aufweges des Chephren befindet sich die 73 m lange Skulptur des Sphinx, die aus dem anstehenden Fels gehauen wurde. Die kleinste der drei Pyramiden ist die des Pharao Mykerinos. Er regierte von etwa 2532 bis 2503 v. Chr.

Die Dimensionen dieser Bauwerke sind atemberaubend. Mich faszinierte besonders die Präzision der Bauwerke. Wie die alten Ägypter diese Pyramiden so exakt ohne moderne Messgeräte erbauen konnten ist echt ein Wunder. Beruhigt beobachteten wir, dass auch einheimische Touristen von den Souvenir Verkäufern und Kutschenfahrern belästigt wurden.

Eine Reise mit dem Zug oder Bus nach Luxor wollte ich meiner Mutter nicht antun. Deshalb entschlossen wir uns für einen Inlandflug. Bis zu unserem Flug hatten wir noch 2 Tage Zeit und fanden nach längerer Suche ein Hotel in der Innenstadt. Ein Iraker, der seit einigen Jahren in der Schweiz lebt und gerade beruflich in Kairo ist, half uns den Zimmerpreis ein wenig zu drücken. Er wollte von uns wissen, wie wir die Ägypter empfinden. Ich schilderte ihm, dass sie oftmals nicht ehrlich sind und man deshalb ein grosses Misstrauen entwickelt. Dies konnte er bestätigen. Zudem machen viele einen ziemlich resignierten Eindruck. Seit der Revolution 2011 herrscht grosse Unsicherheit. Misstrauen und Resignation beherschen seither spürbar den Alltag.

Wir fuhren mit der Metro in die Altstadt von Kairo um dort unter anderem den Chan el- Chalili zu besuchen. Der westlich der Saiyidna-el-Husain-Moschee gelegene Markt gilt als der größte Afrikas und wurde im 14. Jahrhundert auf dem Gelände eines ehemaligen Mamluken-Friedhofs als Karawanserei und Handelshof gegründet. Der Name geht auf seinen Bauherrn, den Emir Dsch(ah)arkas al-Chalili, zurück. Von dort aus liefen wir bis zur Zitadelle. Die Zitadelle von Saladin (Salah al-Din) ist eine der wenigen erhaltenen befestigten Anlagen der Stadt Kairo. Die Zitadellenanlage wurde zwischen 1176 und 1183 n. Chr. vom Ayyubidenkönig Salah al-Din errichtet, um die Stadt Kairo besser gegen die Angriffe der Kreuzritter verteidigen zu können. Erst seit etwa 20 Jahren ist die Zitadelle für die Öffentlichkeit zugänglich.

Da wir die einzigen Ausländer auf dem Inlandflug von Kairo nach Luxor waren durften wir First Class in der ersten Reihe fliegen. Das nenne ich mal einen Service! Am Flughafen von Luxor folgten uns die dreisten Taxifahrer bis ausserhalb des Areals. Erst als wir sie lauthals anschrien machten sie sich vom Acker. Die Ägypter verstehen einfach nicht wann es genug ist.

Den ersten Ausflug in Luxor unternahmen wir am darauf folgenden Tag. Zu Fuss ging es zum Tempelkomplex von Karnak. Die ältesten heute noch sichtbaren Baureste des Tempels stammen aus der 12. Dynastie unter Sesostris I. Bis in die römische Kaiserzeit wurde die Tempelanlage immer wieder erweitert und umgebaut. Herausragend unter den Ruinen sind der Tempel des Amun-Re mit seinen insgesamt zehn Pylonen, deren größter ca. 113 Meter breit und ca. 15 Meter dick ist und eine geplante Höhe von ca. 45 Meter aufweist. Die Gesamtfläche des Tempels beträgt ca. 30 Hektar. Neben den Pylonen ist die große Säulenhalle, die von Haremhab begonnen und unter Sethos I. und Ramses II. vollendet wurde, besonders beeindruckend. Wir kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus und verbrachten fast den ganzen Tag in der Anlage.

Durch Luxor zu laufen ohne von irgend welchen Ägyptern angesprochen zu werden, die einem irgend etwas verkaufen wollen, ist echt schwierig. Mit der Zeit verliert man die Lust überhaupt irgend eine Konversation zu führen. Nur im Hotel kann man sich einigermassen entspannen. Aber auch dort trifft man immer wieder auf Schwierigkeiten. Gerade mit der Sauberkeit nehmen es die Ägypter nicht sehr genau. Wir wählten extra ein wenig die teureren Hotels um dieses Problem zu umgehen. Jedoch sind die Inhaber dort meistens noch dreister als in den billigen Unterkünften. Sie zucken nicht einmal mit der Wimper wenn man sie auf die Probleme anspricht. Durch alle diese Umstände ging uns langsam die Lust am Reisen verloren. Mich erstaunt es gar nicht, dass der Tourismus hier zu Lande dermassen einen Einbruch erlebt. Die Ägypter müssen endlich lernen ihre Gäste nicht wie Geldautomaten zu behandeln ohne eine Gegenleistung zu erbringen.

Wir entschlossen uns deshalb einen Schlussstrich zu ziehen und flogen zurück nach Kairo. Dort verbrachten wir den Silvesterabend nochmals vor den Pyramiden.

Am Neujahrstag begleitete ich meine Mutter an den Flughafen. Die Zeit war trotz all den Umständen äusserst erlebnissreich. Vielen Dank Mami für alles!

Ich stieg noch am selben Tag in den Nachtbus nach Dahab. Dort versuche ich mich ein paar Tage mit Schnorcheln im Roten Meer von den Strapazen zu erholen, bevor es wieder in die Wüste geht.