Namaste

Namaste


Beim Abflug in Kapstadt empfand ich grosse Erleichterung. Endlich raus aus Afrika! In Doha, der Hauptstadt von Katar, gab es eine Zwischenlandung und von dort aus ging es nach Kathmandu in Nepal weiter. Eigentlich wollte ich nach Indien fliegen, aber in Kapstadt hätte es 30 Tage gedauert bis ich ein Visa bekommen hätte. Die nepalischen Behörden sind da nicht so zimperlich. Man kann den ganzen Visa Prozess einfach am Flughafen machen.

Der Kulturschock folgte gleich am Anfang, als ich mir einen Weg durch die Stadt suchen musste. Der Verkehr ist hier ganz anders wie in Afrika. Im ersten Augenblick sieht alles chaotisch aus aber ziemlich schnell hatte ich den Dreh raus und für meinen Geschmack macht es sogar Spass (fühlt sich fast so an wie Grand Theft Auto spielen).

Mein Nepal Visa konnte ich gleich für 5 Monate verlängern. Auch die Indische Botschaft hier in Kathmandu ist viel unkomplizierter als ihre Vertretung in Südafrika. Innerhalb von 10 Tagen konnte ich mein Visa über eine Agentur beantragen. Die Zwischenzeit verbrachte ich mit Ausflügen in die Stadt.

Kathmandu ist politisches, kulturelles Zentrum von Nepal und mit Abstand die größte Stadt des Landes. Das Tal mit den drei Königsstädten Kathmandu, Patan und Bhaktapur wird von der UNESCO seit 1979 als Weltkulturerbe eingestuft. Der Zufall wollte es, dass am 12. März gerade das Holi Festival stattfand. Holi ist eines der ältesten Feste. An diesem Tag scheinen alle Schranken durch Kaste, Geschlecht, Alter und gesellschaftlichen Status aufgehoben. Es wird ausgelassen gefeiert und man besprengt und bestreut sich gegenseitig mit gefärbtem Wasser und gefärbtem Puder, dem Gulag.

Leider ist durch das Erdbeben 2015 ziemlich viel hier in Kathmandu zerstört worden und die Schäden sind noch weitaus sichtbar. Die Erdbeben in Nepal 2015 ereigneten sich im April und Mai 2015. Das erste große und stärkste Beben wirkte mit einer Magnitude von 7,8 MW am 25. April 2015. Das Epizentrum lag rund 80 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kathmandu. Einen Tag später gab es ein Nachbeben der Stärke 6,7. Bis Mitte Juni 2015 folgten zahlreiche Nachbeben. Die Erdbeben gelten als die tödlichste Katastrophe in der Geschichte Nepals. Laut der nepalesischen Regierung starben in Nepal knapp 8.800 Menschen an den Folgen der Beben.

Einige Sehenswürdigkeiten (wie z.B. der 61,88m hohe Dharahara-Turm) sind ganz zerstört aber man kann immer noch viele von ihnen bestaunen. Genau das habe ich in Afrika so vermisst. Endlich einmal wieder Geschichte, Kultur und Kunst bestaunen und nicht jeden Tag bloss Lehmhütten und ein paar verwahrloste Kolonialbauten. Zudem sind die Nepalesen enorm freundliche Menschen. Gleich von Anfang an gefiel mir das Land enorm gut. Von einigen Anhöhen aus kann man richtig schöne Ausblicke über das Kathmandu- Tal geniessen und durch die relative hohe Lage (ca. 1’300 m.ü.M.) ist es hier noch relativ angenehm kühl.

Nachdem ich mein Indien Visa in der Tasche hatte wollte ich möglichst schnell wieder in den Sattel steigen. In Nepal selber gibt es nur wenige Regionen, welche mit dem Velo erreichbar sind. Eines meiner Traumziele seit längerer Zeit schon liegt jedoch im Indischen Teil vom Himalaya. Deshalb entschloss ich mich erstmals nach Westen zu fahren. Dazu gibt es nur eine Möglichkeit, nämlich über den Highway in den tiefer gelegenen Teraigebieten.

Jock (ein schottischer Velofahrer, den ich in Kathmandu getroffen hatte) empfahl mir von Kathmandu aus die Strasse über Daman nach Hetauda zu nehmen. Dies war ein guter Einstieg in die Berge. Fast auf jedem Stück Land wird hier Ackerbau im grossen Stil betrieben. Teilweise sehen die terrassierten Felder aus als hätte jemand ein Relief in die Landschaft gezeichnet.

Nach 5 Tagen erreichte ich schliesslich Lumbini. Lumbini ist nach der Überlieferung der Geburtsort Siddhartha Gautamas, des Begründers des Buddhismus. Das Pilgerzentrum mit seinem Friedenspark wurde im Jahr 1997 von der UNESCO als Weltkulturerbe eingestuft. Auf dem Gelände des Friedensparks von Lumbini stehen zahlreiche Pagoden und Tempel verschiedener buddhistischer Länder Asiens. Man könnte es auch als diplomatisches Viertel des Buddhismus bezeichnen. Einige davon sind echt beeindruckend von ihrer Bauweise her.

Was mich in Nepal stört, sind die Eintrittspreise für Ausländer. Diese müssen immer mindestens das Vierfache vom eigentlichen Preis bezahlen. In Europa würde man uns gleich als Rassisten betiteln, wenn wir so mit unseren ausländischen Touristen umgehen würden. Fast einen ganzen Tag brauchte ich um die meisten Tempel mit dem Velo zu besichtigen.

Die Versorgung entlang des Highways ist prima. Dadurch braucht man nicht so viel Wasser und Proviant mit sich zu schleppen. Zudem findet man immer wieder einen Platz zum zelten.

Gleich am ersten Tag nach Lumbini hielt mich ein Motorradfahrer an. Frank kommt aus Deutschland und hat Indien und Nepal schon mehrmals bereist. Er ist unterwegs zum Bardia National Park und empfahl mir dort einen Zwischenhalt zu machen. Zwei Tage später traf ich dort in der Wild Trak Adventure Lodge ein. John, der Besitzer, ist ein Zoologe aus England. Er hat sich auf dieses Gebiet hier spezialisiert. Sein Geschäftspartner Sitaram nahm uns für einen Tag mit in den Park. Man darf hier zu Fuss durch den Park spazieren (was in Afrika unmöglich ist).

Der Nationalpark beherbergt Populationen seltener Wildtiere wie Bengaltiger, Barasingha-Hirsche, Asiatische Elefanten, Hirschziegenantilopen, Ganges-Gaviale, Sumpfkrokodile und Gangesdelfine. Zusätzlich kommen Panzernashörner im Gebiet vor, die aus dem Chitwan-Nationalpark umgesiedelt wurden. Insgesamt kommen im Nationalpark über 30 Säugetier- und über 230 Vogelarten vor.

Tatsächlich bekam ich einen Tiger zu sehen. Frank wollte am Beobachtungspunkt bleiben während ich mit Sitaram einen Spaziergang machte. Plötzlich kam ein männlicher Tiger um die Ecke. Alle drei waren ziemlich erschrocken. Der Tiger brüllte einmal laut und rannte weg. Für ein Foto blieb keine Zeit. Ein solch majestätisches Tier in freier Wildbahn zu sehen ist echt beeindruckend.

In der Lodge lernte ich noch Nick und Simon kennen. Nick reist für ein paar Monate durch Indien und Nepal. Simon reist schon seit einigen Jahren regelmässig mit seinem Mountain Bike durch Indien und Nepal. Er lud mich ein einen Tag lang mit ihm gemeinsam an die indische Grenze zu radeln. Mit seinem leichten Gepäck ist er natürlich um einiges schneller als ich. Die Zeit in der Lodge genoss ich sehr. Von Frank und Simon bekam ich ein paar sehr hilfsreiche Tips für die Reise durch Indien.

Nick begleitete uns am nächsten Tag ein Stück weit noch mit seinem Motorrad. Simon legte ein gutes Tempo vor. Wir hielten unterwegs immer wieder in den Tee Läden um uns vor der Hitze (38°C) ein wenig zu erholen. Am Abend musste ich mich wieder von ihm verabschieden. Er ist ohne Zelt unterwegs und ich wollte unbedingt noch eine Nacht im Freien verbringen bevor es nach Indien ging.

Der Grenzübertritt in Mahendranagar verlief ziemlich schnell. Jetzt geht es erst einmal in den indischen Himalaya. Jedoch freue ich mich jetzt schon darauf wieder nach Nepal zurück zu kommen. Das Land und die Menschen haben mir enorm gut gefallen.

In Afrika habe ich so viele Dinge vermisst, die ich hier einfach mal wieder geniessen konnte. Einzig die Kinder mit ihren ewigen „Bye Bye“ Rufen gingen mir manchmal ein wenig auf die Nerven. Aber wenigstens werfen sie keine Steine oder rennen einem ewig lange hinterher. Namaste Nepal!