Planänderung

Planänderung


Beim Grenzübergang zu Ruanda teilte mir der Beamte von der Einreisebehörde mit, dass ich ein Visa im Voraus beantragen muss. Dies war für mich jedoch unmöglich. In 50 Kilometer Entfernung befand sich ein Grenzübergang zu Tansania. So war mein Entschluss schnell gefasst. Wenn Ruanda mich nicht haben will, gehe ich halt nach Tansania!

An der Grenze in Murongo lief diesmal alles ziemlich unkompliziert. Der Einstieg in dieses riesige Land verlief jedoch gar nicht rosig. Die Strasse ist für über 100 Kilometer bis zur Ortschaft Omurushaka nicht asphaltiert. Auf Velofahrer wird hier überhaupt keine Rücksicht genommen. Wenn die Fahrzeuge mit voller Geschwindigkeit an einem vorbei rasen, wird man förmlich eingestaubt. In Sachen Strassenbau sind die Tansanier noch schlimmer, wie ihre Kollegen in Uganda. Vom tiefsten Punkt in der Landschaft geht es einfach in gerader Linie auf den höchsten und Tansania ist kein flaches Land!

Zudem kam noch ein weiterer Faktor hinzu, der mich durchs ganze Land begleiten sollte. In der Trockenzeit wird fast die ganze Landschaft angezündet. Gleich in der ersten Nacht brennte keine 400m entfernt von mir ein Buschfeuer. Plötzlich hörte ich ein Knistern, das immer näher kam. Zum Glück war es kein Feuer, sondern bloss eine Rinderherde. Die Watussirinder sind auf Grund ihrer riesigen Hörner ziemlich beeindruckend.

Diese Rinder waren und sind teilweise das Zahlungsmittel, ihr Wert steigt mit der Größe der Hörner. Die großen Hörner dienen den Rindern sowohl zur Verteidigung als auch zur Kühlung mittels des mit Luft gefüllten, wabenförmigen Inneren. Watussirinder werden traditionell nicht geschlachtet, sie werden hauptsächlich gemolken und zur Ader gelassen. Das Blut wird dann mit Milch vermischt getrunken.

Fortan achtete ich bei der Wahl meiner Zeltplätze immer darauf, dass nicht gerade ein Feuer in der Nähe brannte. Irgendwie schläft man einfach nicht so ruhig, wenn es um einen herum die ganze Zeit brennt. Ich hörte verschiedene Gründe für die schwachsinnige Brandrodung. Für mich als Forstwart ist ein solches Vorgehen jedoch einfach nicht akzeptabel.

Auf der ganzen Strecke rannten zudem permanent die Kinder hinter mir her wenn sie mich sahen und riefen immer wieder „Muzungu, Muzungu!“. Mittlerweile kann ich dieses Geschrei einfach nicht mehr hören. Vermutlich war ich in meinem ganzen Leben noch nie so froh endlich wieder eine asphaltierte Strasse zu sehen. Dusty (mein Velo) und ich waren von oben bis unten total eingestaubt. Zudem konnte ich am Grenzübergang kein Geld wechseln und in keinem einzigen Dorf gab es einen Bankautomaten. Die Menschen wollten mein Ugandisches Bargeld nicht akzeptieren. Zum Glück hatte ich vor der Grenze mein Wasservorrat genügend aufgefüllt.

Laut meiner Karte sollte es in Bukoba eine Fähre über den Viktoriasee nach Mwanza geben. Deshalb steuerte ich in diese Richtung. Etwa 20km vor dem Ziel explodierte der Reifen meines Hinterrades. Im Great Rift Valley in Kenia hatte ich die Seitenwand angerissen. Zum Glück trug ich noch einen Ersatzreifen im Gepäck. Mich enttäuschten die Menschen hier ein wenig. Keiner kam mir zu Hilfe oder fragte ob alles in Ordnung wäre. Gleichgültig fuhren und liefen sie an mir vorbei.

Der nächste Tiefschlag folgte in Bukoba. Am Hafen teilte man mir mit, dass die Fähre seit 4 Monaten nicht mehr fährt. Somit musste ich meine Reisepläne erneut über den Haufen werfen. Bei Kiroyeratours, einem kleinen Reiseunternehmen, konnte ich mein Velo und Gepäck einlagern. Da ich gerne über den Tanganjikasee nach Sambia einreisen wollte, musste ich zuerst ein Visa beantragen. Die einzige Botschaft liegt in Dar es Salam. Also über 800km entfernt von hier. Zudem wollte ich unbedingt ein paar Freunde in Mwanza besuchen.

Mit dem Bus ging es in über 20 Stunden Fahrt nach Dar es Salam. Die Busfahrer sind wohl die grössten Schwerverbrecher in diesem Land. Ohne Rücksicht rasen sie durch die Gegend und bremsen nicht mal vor den Bodenwellen. Mein Rücken hatte Totalschaden, als wir endlich in Dar es Salam ankamen.

Nach 3 Tagen konnte ich endlich mein Visa für Sambia auf der Botschaft abholen. Dummerweise erwischte mich ein starker Durchfall inklusive Fieber, sodass ich eine ganze Woche ausser Gefecht war. In Mwanza traf ich Annatina und ihre Familie. Sie leben seit beinahe 6 Jahren hier und sind für Interteam tätig interteam.ch. Wir hatten uns seit fast 10 Jahren nicht mehr gesehen. Für fast eine Woche durfte ich bei ihnen wohnen, verschiedene Projekte anschauen und sogar ein Fondue essen. Vielen herzlichen Dank!

Da es hier schwierig ist gute Nahrung für Unterwegs zu finden, musste ich bereits in Dar es Salam meinen Proviant zusammen kaufen. Mit schwer beladener Tasche machte ich mich per Bus wieder auf den Rückweg nach Bukoba. Mein Velo und das Gepäck waren glücklicherweise noch unversehrt.

Dieser ungeplante Zwischenhalt hatte 3 Wochen beansprucht. Ich war deshalb ziemlich froh wieder in den Sattel steigen zu können und die nächste Etappe in Angriff zu nehmen. Busfahren in Tansania ist definitiv nicht zu empfehlen.