Sch(w)eißnass

Sch(w)eißnass


Die Einreise nach Malaysia war definitiv die einfachste bislang in Südostasien für mich. Einfach einen Stempel in den Pass und schon hat man ein 90 Tage Visa. Wenn das bloss immer so einfach wäre.

Die Strasse nach Kota Bahru war ziemlich eng und auch in Malaysia gibt es viel Verkehr. Schon nach wenigen Kilometern hatte ich mein erstes Schock Erlebnis:

Ein Kleintransporter bog von rechts in meine Spur. Ich bremste langsam ab als ich ihn kommen sah. Plötzlich flitzte ein Scooter mit 2 Personen an mir vorbei und rammte den Kleintransporter mit voller Geschwindigkeit.

Die 2 Personen wurden wie Puppen durch die Luft gewirbelt. Glücklicherweise kamen gleich Menschen von allen Seiten zur Hilfe. Für mich war dies eine Warnung und ich entschloss mich von nun an hier in Malaysia vorsichtig zu fahren.

Was einem sofort ins Auge sticht sind die vielen Moscheen hier in Malaysia. Der Islam, zu dem sich 60 % der Bevölkerung bekennen, ist Staatsreligion. Nach der Verfassung des Landes sind alle ethnischen Malaien von Geburt an automatisch Muslime. Sie können keine Andersgläubigen heiraten.

Wenn ich Abends im Zelt lag hatte ich meistens Dolby Surround von all den Moscheen im Umkreis. Die Leute hier sind enorm nett und sehr interessiert über meine Reise. Viele von ihnen sind auch schon einmal durch Europa gereist und kennen die Welt ziemlich gut.

In Kuala Terengganu legte ich eine Pause ein. Seit ich vor 13 Tagen in Bangkok los geradelt bin hatte ich keine Pause mehr eingelegt. So konnte ich mich kurz erholen und meine Vorräte auffrischen.

Nach 3 Ruhetagen stieg ich wieder in den Sattel und radelte weiter der Ostküste entlang. Diese Seite ist viel weniger besiedelt als die Westküste. So kam ich ziemlich gut vorwärts.

Bis Pekan runter war die Gegend noch ziemlich dicht besiedelt. Doch schon bald wurde es richtig hügelig und man sah immer mehr Palmöl Plantagen auftauchen.

Indonesien und Malaysia sind die größten Palmölhersteller der Welt, zusammen liefern sie rund 90 Prozent des gehandelten Öls. Heute steckt Palmöl in der Hälfte unserer Supermarktprodukte: in Lebensmitteln wie Margarine, Fertigprodukte, Pizza und Kekse. In Kosmetikartikeln, Waschmitteln und Kerzen.

Ölpalmen brauchen zum Wachsen tropisches Klima und viel Platz. Sie wachsen also am besten dort, wo auch der Regenwald wächst, und so muss der Regenwald oft (illegal) weichen. Der Primärregenwald ist mittlerweile auf einen Zehntel seines ursprünglichen Bestandes geschrumpft.

Wer sich genauer mit der Malaysischen Holzmafia (in dem auch Banken wie UBS, Credit Suisse und Deutsche Bank involviert sind) auseinander setzen will, dem kann ich das Buch von Lukas Straumann, dem Präsidenten des Bruno Manser Fonds in Basel empfehlen bmf.ch.

Durch die vielen Hügel kam ich ganz schön ins schwitzen. Bei über 80% Luftfeuchtigkeit lief mir der Schweiss meistens in Strömen runter. In einer Steigung, kurz nach Mersing flog mir plötzlich ein Insekt ins Ohr.

Ich versuchte dieses mit der Hand zu entfernen. Doch augenblicklich tauchten immer mehr von den Dingern auf. Auf einmal stach mich eines der Viecher ins Ohr und kurz darauf zwei weitere in den Daumen und meinen Unterarm.

Da realisierte ich, dass ich von einem Bienenschwarm angegriffen wurde. Ich sprang sofort vom Velo runter, zog meinen Helm aus und hielt das erste Auto an welches mir entgegen kam. Sofort sprang ich hinein. Der Angriff dauerte nicht einmal 5 Minuten, doch ich hatte bereits 9 Stiche abbekommen.

Einige Autos hielten sofort an und jemand alarmierte sogar einen Krankenwagen. Die Rettungssanitäter wollten mich zuerst in die Klinik bringen um mir ein Serum gegen Bienenstiche zu verabreichen.

Ich lehnte dankend ab und radelte weiter, wie ein echter Indianer. Bei jeder Steigung hielt ich fortan nach Bienen Ausschau und die Stiche schwollen in den folgenden Tagen ziemlich übel an.

Nach 5 Tagen erreichte ich schliesslich die Ortschaft Pengerang. Von dort aus wollte ich die Fähre nach Singapur nehmen. Diese existiert jedoch nicht mehr und so musste ich nochmals durch die Berge zurück bis nach Tanjung Belungkor radeln, wo ich dann mit der Passagier Fähre Malaysia verlassen konnte.

Bei der Einreise am Changi Ferry Terminal wurde zum ersten Mal meine Machete kontrolliert. Vermutlich haben die Grenzbeamten noch nie einen Reisenden mit einem solch langen Messer einreisen sehen. Ich musste 2 Stunden warten bis jemand endlich einen Entschluss fasste. Immerhin war der Warteraum klimatisiert.

Vom Changi Ferry Terminal führt ein wunderschöner Veloweg bis ins Stadtzentrum. Was für ein Luxus! So kam ich bei Sonnenschein in Singapur an, dem Ende meiner Reise auf dem Asiatischen Kontinent. Mittlerweile habe ich schon wieder 1 Jahr in Asien verbracht.

Durch eine Empfehlung landete ich in der Tree In Lodge treeinlodge.com, die von SK und Yong geführt wird. Die beiden sind leidenschaftliche Velofahrer und haben ihre alten Berufe an den Nagel gehängt um ihre Leidenschaft mit anderen Veloreisenden teilen zu können.

Natürlich traf ich dort viele andere Velofahrer und jeden Abend gab es enorm viele Geschichten zu erzählen. Dazwischen versuchte ich ein wenig die Stadt zu besichtigen. Singapur ist ein Insel- und Stadtstaat und der flächenmäßig kleinste Staat Südostasiens.

Singapur gilt neben Hongkong als wichtigster Finanzplatz Asiens. Singapur ist ein multiethnischer Staat, in dem Chinesen, Malaien und Inder die größten Bevölkerungsteile stellen. Dadurch kann man hier eine grosse Vielfalt an verschiedenen Gerichten geniessen.

Natürlich durfte ein Besuch der Supertrees beim Gardens by the Bay nicht fehlen. Die pflanzenbewachsene Stahlgerüste mit Höhen zwischen 25 und 50 Metern dienen unter anderem der Aufzucht von seltenen Pflanzen.

Ferner wird mittels Photovoltaik Elektrizität für Beleuchtung und Kühlsysteme gewonnen, werden die Niederschläge zur Bewässerung der Pflanzen gesammelt und einige der Bäume dienen als Kühltürme für die Kühlsysteme in den Glashäusern. Nachts werden die Türme beleuchtet und es finden Licht- und Tonshows statt.

Tagsüber verbrachte ich die meiste Zeit mit putzen. Dusty, mein Velo, und sämtliche Taschen mussten vom Schmutz befreit werden. Mein nächstes Ziel ist Australien und dort darf man keine fremden Pflanzenteile oder Erde einführen.

Da ich mein Velo und die Taschen in den 3 Jahren noch nie gewaschen hatte dauerte diese Aktion fast 4 Tage. Zwischendurch gönnte ich mir aber dennoch einen Ausflug in den Botanischen Garten. Der Garten ist einer der wichtigsten Botanischen Gärten Asiens. Er ist 74 Hektar groß und wurde 2015 als erste Stätte Singapurs ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen.

Die riesige Auswahl von über 60.000 Pflanzen machen den Park zu einem Paradies für Naturliebhaber. Der Garten wurde 1859 von Lawrence Niven entworfen und ist der einzige große Park in Südostasien, der im Stil eines englischen Landschaftsgartens gestaltet ist.

Die Zeit in Singapur verging wie im Flug. Ich hatte einige tolle Wiedersehen mit alten Weggefährten, wie z.B. Eugene, den ich 2015 (am Anfang meiner Reise) im Kosovo getroffen hatte oder William aus Frankreich. Ihm bin ich auf meiner ersten Reise (Frühling 2012) in Vietnam und China begegnet. Durch Zufall trafen wir uns wieder in der Tree In Lodge.

Nach 2 Wochen war meine ganze Ausrüstung gewaschen, das Velo verpackt und ich verabschiedete mich von dieser tollen Stadt. Mit dem Taxi ging es zum Flughafen, wo ich mich in den Flieger nach Australien setzte.

Ein weiteres, grosses Kapitel auf meiner Reise geht damit zu ende. Die Zeit in Asien hat mir enorm gut gefallen. Jedoch sehne ich mich jetzt langsam nach Einsamkeit. Asien ist enorm dicht bevölkert. Mir fehlen einsame Gegenden wo ich einfach mal alleine sein kann.

Malaysia und Singapur waren der perfekte Abschluss für mich in Asien. Bestimmt werde ich wieder einmal hier hin zurück kehren. Die Vielfalt an Kulturen und Landschaften sind es, was für mich diesen Kontinent so faszinierend macht.