Iran Teil 2, Abyaneh- Yazd

Iran Teil 2, Abyaneh- Yazd


Von Kashan aus ging es Richtung Abyaneh. Am Morgen ist das Wetter meistens noch relativ angenehm. Etwa 40 Kilometer ausserhalb der Stadt stoppte mich die Militärpolizei. Sie kontrollierten den Pass und meine Kamera und eskortierten mich anschliessend auf ihrem Pick up durch die halbe Wüste. Bei der Abzweigung nach Abyaneh durfte ich wieder alleine weiter radeln. Es ging in ein wunderschönes Bergtal hinein.

Obwohl die Strasse konstant den Berg hoch führte war das Klima hier um einiges angenehmer. Kurz vor dem Dorf lud mich eine Familie zum Picknick ein. Sie konnten kein Englisch und ich kein Farsi sprechen. So unterhielten wir uns 3 Stunden lang auf Body Languge. Das ist mittlerweile meine Lieblingssprache geworden. Mit Händen und Füßen kann man sich überall verständigen.
Abyaneh liegt auf 2235 M.ü.M. und ist ein kleines Bergdörfchen mit roten Lehmhäusern.

Auf dem Dorfplatz lernte ich ein paar Leute kennen. Wir spielten bis in die Nacht hinein Volleyball. Einer von ihnen ist in Hamburg aufgewachsen und spricht sehr gut Deutsch. Er lud mich zum Abendessen ein. Übernachten konnte ich beim Leiter der Touristeninformation. Er zeigte mir am nächsten Morgen einen heiligen Schrein und eines der drei Burgruinen außerhalb des Dorfes. Als ich Richtung Natanz fahren wollte kam mir Michael auf seinem Motorrad entgegen. Er ist vor sechs Wochen in Deutschland gestartet und fährt Richtung Pakistan, Indien und weiter bis nach Singapur. Wir verabredeten uns in Esfahan um dort ein paar Tage zusammen zu verbringen. Bis nach Natanz wurde die Strasse nochmals so richtig steil und mit 38 Grad auch heiss. Vor der wunderschönen Jameh Mosque lernte ich Mohammad kennen.

An diesem Abend war ebenso die Mondfinsternis, die wir mit einem Glas Arrak genossen (Pfirsich Schnaps).

Hier, am Rande der Wüste, ist dieses Spektakel vom Licht her wunderschön an zu schauen.
Am nächsten Morgen fuhr ich nach vier Stunden Schlaf weiter Richtung Esfahan. Es ging über 70 Kilometer konstant den Berg hoch und danach über 80 Kilometer durch eine Gegend ohne Schatten. Als ich am Abend endlich Michael und das Hotel gefunden hatte, war ich physisch am Ende. Erst am nächsten Tag machte ich die erste Stadtbesichtigung. 1587 erklärte Shah Abbas der Grosse Esfahan zur Hauptstadt seines Landes. Zuvor hatten die Sassaniden, Seljuken und Mongolen architektonische Wunder hier erbaut. Der Shah errichtete den bis nach Europa berühmten Imam Square mit der Imam Mosche,

dem Ali Qapu Palast

und der Sheikh Lotfollah Mosche.

Nach Abbas Tode war die Dynastie beendet und die Haupstadt wurde zuerst nach Shiraz und später nach Teheran verlegt. Gegenüber von unserem Hotel fand ein Breakdance Contest statt. Ein tolles Ereigniss in einem der islamistischen Länder der Welt. Ich verbrachte fast einen halben Tag dort. Heute gehört Esfahan zum UNESCO Welt Kultur Erbe und ist mit zwei Millionen Einwohner einer der größten Städte im Iran. Ganz schön sind am Abend auch die alten Brücken am Zayandeh Fluss. Dieses Jahr führt der Fluss zum ersten Mal kein Wasser. Normalerweise versickert der Fluss erst 150 Kilometer weiter östlich in Na’in. Die UNESCO hat besonders wegen den alten Brücken grosses Bedenken. Durch das fehlende Wasser drohen die Fundamente der 600 Jahre alten Brücken zusammen zu fallen. Am Abend sind die Brücken beleuchtet. Besonders die Khaju Brücke ist sehr imposant (110m lang).

Insgesamt gibt es sechs dieser Art. Sie alle entstanden im 15. und 16. Jh. unter Shah Abbas dem Ersten und Shah Abbas dem Zweiten. Am zweiten Tag besuchte ich mit Michael zudem den Chehel Sotun Palast.

Besonders die Bilder waren sehr eindrücklich. Sie zeigen die Schlacht von Shah Ismail gegen die Usbeken oder wie Shah Abbas der Zweite König Nader Khan von Turkmenistan begrüßt. Um die Mittagszeit sind fast alle Läden meistens geschlossen und öffnen erst gegen 18 Uhr am Abend wieder. Dann ist es ganz schön, auf dem Basar einen kleinen Spaziergang zu machen.

Im Hotel waren zudem noch zwei italienische Töfffahrer eingetroffen. Andros und Federico fahren in drei Monaten von Mailand aus durch den Iran, Zentralasien, Russland und weiter bis in die mongolische Hauptstadt Ulaanbaatar.

Am Sonntag Morgen habe ich mich von den drei verabschieden müssen. Vielleicht trifft man sich unterwegs wieder ein mal. Dafür hatte ich am Abend ein Wiedersehen mit Jalil und seiner Familie. In Divanderreh waren wir uns im Park begegnet. Er arbeitet als Professor an der technischen Universität von Esfahan und lud mich ein zwei Tage bei ihm Gast zu sein. Zusammen schauten wir uns den Feuertempel Ateshkadeh-Ye an.

Im 14 Jh. wurde die Manar Jomban Mosche unter Abu Abdullah erbaut. Sie wird auch “ die schüttelten Minarette“ genannt. Es gibt verschiedene Theorien, wieso beide Türme gleichzeitig anfangen zu wackeln sobald man einen von ihnen bewegt. Vermutlich ist dies auf die Bauweise zurück zu führen. Beide Türme sind mit Holzrahmen eingefasst und an diesen befinden sich kleine Glocken damit man das Phänomen von bloßem Auge aus betrachten kann. Der Feuertempel wurde von den Zoriastern erbaut. Einen solchen konnte ich schon in Abyaneh bewundern. Im inneren des Turmes musste permanent ein Feuer brennen. Die Türme wurden meistens auf Anhöhen erbaut, damit man sie von weitem sehen konnte.
Zudem kaufte mir Jalil zwei Kuhsehs. Marco Polo verwendete diese Tongefässe schon zu seiner Zeit zum kühlen von Wasser. Ein tolles Geschenk! Seine Nichte Helia nähte ein paar schöne Jurtenstrümpfe dazu.

Am Abend fuhren wir nochmals in die Stadt. Mehrsan und Helia überredeten mich mit ihnen für 4 Tage nach Teheran zu fahren. Ich hatte sowieso noch zuviel Zeit übrig. Ein wenig ist es schon seltsam nach so langer Zeit 5 Stunden im Auto zu verbringen. Die Fahrt ging durch die Wüste, ohne Klimaanlage.

Am Abend trafen wir 3 weitere Freunde von Mehrsan. Zwei von ihnen leben in San Francisco und eine in Toronto. Zuerst ging es in den Norden dieser riesigen Metropole. Die ersten geschichtlichen Aufzeichnungen über die Stadt stammt aus dem 13. Jh. Yaqoot Hamavi schrieb in seinem Buch “ Mo’jamol Boldan“, dass die Stadt von Rebellen bewohnt wird, die ihr Leben in einer unterirdischen urbanen Stadt verbringen. Sie setzten alles daran, ihre Regierung zu demütigen. Die unterirdische Stadt bestand aus 12 Quartieren, die jedoch nicht miteinander verbunden waren. Die Mongolen zerstörten diese Stadt schliesslich als sie auf ihrem Feldzug durch das persische Reich zogen. Im mittleren 16. Jh. pflanzte der König Thamasb der Erste viele Bäume, legte zahlreiche Flüsse an und errichtete mehrere prunktvolle Gärten. Um Teheran zu schützen baute er um die Stadt eine Mauer mit 117 Türmen.

1758 zog Karim Khan Zand mit seiner Armee hier ein und konstruierte eine königliche Residenz mitten in die Stadt. Als aber sein General Mohammed Hasan Khan getötet wurde und dessen Sohn Agha Mohammed Khan die Nachfolge übernahm, entschloss Karim Khan seine Geschäfte zurück nach Shiraz zu verlegen. Den Königspalast liess er dabei unvollendet stehen. Nach seinem Tod verlegte Agha Mohammed Khan den Regierungssitz wieder zurück nach Teheran. 1900 betrug die Population 250’000 Einwohner und im 20 Jh. war sie eine der bevölkerungsreichsten Städte der Welt. Seither erlebte sie zwei Revolutionen (1953 und 1979), wurde im zweiten Weltkrieg umgestaltet ( Hitler pflegte gute Verhältnisse zum König) und ist heute mit 10 Millionen Einwohnern einer der größten Metropolen auf unserem Planeten. 10% der iranischen Bevölkerung leben hier.

In einem persischen Restaurant tranken wir Cay und rauchten qalyan (Wasserpfeife). Diese sind eigentlich genau gleich aufgebaut wie die türkischen Sishas. Nur die Verbindungsstücke sind unterschiedlich. Die iranischen sind aus Holz und die türkischen aus Metall. Danach fuhren wir wieder zurück in das Zentrum, wo wir in ein richtiges vegetarisches Restaurant gingen. Das Einzige auf meiner ganzen Iran Reise. Als Vegetarier hat man es gar nicht einfach in diesem Land. Alle Gerichte werden mit Fleisch zubereitet. BBQ und Kebab bilden das Fundament in der Ernährungs Pyramide. Zum Glück haben sie aber eine grosse Variation an Früchten.

Im ganzen Land ist der Verkehr schon haarsträubend aber hier in der Stadt geht es erst richtig zur Sache. Es macht den Anschein, dass nur eine Verkehrsregel hier gültig ist: der Schnellere gewinnt! Ganz schlimm sind die Töfffahrer. Sie sind ziemlich rücksichtslos und missachten sämtliche Signale. Jalil erklärte mir, dass man ein hohes Blutgeld bezahlt. Es spielt keine grosse Rolle wer Schuld daran ist. Lastwagen dürfen die Städte nur mit Sonder Bewilligung befahren.
Denn Rest des Abends verbrachten wir mit Arrak trinken. Mit jedem Glas wurde die Unterhaltung lustiger. Die Kopfschmerzen kamen dann am nächsten Morgen. Ein Kater im Iran. Unglaublich!

Am zweiten Tag machten wir einen Tagesausflug zu einer abgelegenen Schlucht. Das besondere Erlebnis daran ist es, dass man durch einen 2 km langen Gebirgsbach laufen muss. Die Iraner sind harte Kerle und machen dies ohne Neoprenschuhe. Für mich war es eine tolle Abkühlung. Für die Warmduscher gibt es noch eine Alternative Variante: Auf Pferden kann man sich über das Wasser reiten lassen. Wir nahmen die Hard Core Option.

Zum ersten Mal hatte ich beim BBQ im Iran gefroren. Wunderbar! Bei der Rückfahrt fuhren wir dann noch in ein Gewitter. Zum ersten mal seit drei Wochen kam ich in den Genuss von Regentropfen. Während unseres Aufenthaltes in Teheran schauten wir zahlreiche DVD’s. Im Iran gibt es kein Copyright und so kann man sämtliche aktuellen Filme zu sehr günstigen Preisen ersteigern.

Einen Tag später waren Mehrsan und ich wieder zurück in Esfahan. Gegen fünf Uhr am Morgen fuhr ich weiter. Jalil begleitete mich ein Stück weit mit dem Auto. Es war eine tolle Zeit, die ich in dieser Familie verbringen durfte.

Nach 9 Tagen Pause war es anfangs nicht ganz einfach in die Gänge zu kommen. Hier in der Wüste steigt das Thermometer bis um 10:00 Uhr auf 45 Grad. Eine Stunde später waren es schon 51 Grad und schlichtweg unmöglich weiter zu fahren. Unter einem Baum legte ich eine kurze Mittagspause ein. Selbst beim schlafen im Schatten schwitzt man. Gegen 17:00 Uhr wollte ich weitet fahren. Ich war noch keine 500m gefahren, als mich Mohammad und sein Bruder Reza stoppten. Sie haben hier in Toudeshk einen kleinen Homestay für Biker und Motorradfahrer aufgebaut und betreiben diesen seit 8 Jahren. Eine Holländerin war ebenfalls dort. Von ihr erfuhr ich, dass am Vortag ein belgisches Pärchen hier übernachtet hatte, welches ebenfalls Richtung Yazd unterwegs ist. Nach einer erholsamen Nacht mit leckerem Abendessen und Frühstück (Mohammad stand extra um 5 Uhr auf um mir ein Frühstück zu kochen) ging es um halb sechs weiter.

Bis Na’in war es noch relativ angenehm da die Strasse durch die Berge führte. Danach kam allerdings die Wüste. In Aqda musste ich vor der Hitze kapitulieren. Neben einem Park kaufte ich in einem Shop erneut Wasser. Pro Tag verbrauche ich momentan 9 Liter Wasser. Supermärkte gibt es im Iran nur wenige. Das braucht am Anfang ein wenig Übung bis man sich als Europäer an diese kleinen Läden gewohnt hat. Ali, der Verkäufer zeigte mir das Thermometer. Im Schatten betrug die Temperatur 47 Grad. Er wollte das Ding nicht an die Sonne stellen, weil er Angst dass es zerbersten könnte. Die Anzeige endet bei 50 Grad.

In der Nacht konnte ich kein Auge schliessen. Die Temperatur sank nicht unter 40 Grad und im Zelt fühlte es sich an wie in einer Sauna. Ziemlich erschöpft legte ich am folgenden Tag die restlichen 140km bis nach Yazd zurück. Gegen 11 Uhr kam ich im Silk Road Hotel an. Dort traf ich auf das belgische Pärchen und vier weitere Tourenfahrer.

Karin und Stefan sind im April von der Schweiz aus bis nach Istanbul gefahren und haben dort ihre Fahrräder eingestellt. Sie reisen jetzt per Bus durch den Iran und Zentralasien. Ende Jahr geht es dann von Istanbul aus wieder mit dem Fahrrad zurück in das Heimatland.

Zudem hatte ich ein Wiedersehen mit Sabine. In Kapadokien war sie an mir vorbei gefahren. Wir haben uns seither nicht wieder getroffen. Sie ist ebenfalls Anfangs April in der Schweiz gestartet und fährt auch auf der Seidenstrasse bis nach China. Im Iran traf sie auf Jeremie aus Canada. Er fährt von Canada bis nach China. Wir verbrachten den ganzen Nachmittag mit Austausch. Nach drei Monaten auf Reisen gibt es viel zu berichten. Tim und Tine überzeugten mich, dass es bei dieser Hitze nur wenig Sinn macht alleine durch zwei Wüsten zu fahren. Wir entschlossen uns gemeinsam mit dem Bus zuerst nach Tabas und dann weiter bis Mashhad zu fahren. Den Abend verbrachten wir alle gemeinsam bei einem Picknick im Park. Am nächsten Tag besuchte ich mit Jeremie und Tim den Feuertempel Ateshkadeh. Ali begleitete uns dabei. Wir hatten ihn am Vorabend im Park kennen gelernt.

Zoroaster aus der ganzen Welt kommen hier hin um diesen Tempel zu besuchen, der seit 470 n.Chr. permanent brennt. 1174 wurde das Feuer nach Ardakan verlegt, 1474 wieder zurück nach Yazd und 1940 schliesslich an seinen heutigen Standort. Bis zum arabischen Aufstand waren die Zoroastrian die größte Religion auf dem iranischen Plateau. Die Zoroastrianer glaubten an zwei Prinzipien: das “ Vohu Mano“ (das gute Gewissen) und “ Ahem Nano“ (das schlechte Gewissen). Diese waren verantwortlich für Tag und Nacht, Leben und Tod.

Ahura Mazda war ihr Gott. Dieser wurde durch keinerlei Symbole oder Figuren verkörpert. Er verlangte lediglich, dass man zu ihm in Richtung des Lichtes betet. Zu dieser Zeit (1000- 1500 v.Chr.) war das Feuer das einzige Licht welches sie kontrollieren konnten. Deshalb erbauten sie Feuertempel in denen das Licht immer zu brennen hatte. Heute gibt es noch immer etwa 150’000 Anhänger dieser Religion. 5000 leben in Yazd. Die Religion ist auch unter dem Namen „Mazdaism“ bekannt, abgeleitet durch den Namen ihres Gottes, Ahura Mazda. Die drei weissen Männer, welche den neugeborenen Christus besuchten, aus der biblischen Geschichte, waren vermutlich ebenfalls Zoroastrian Priester.

Am Nachmittag besuchten Tim, Tine und ich das Wasser Museum. Wasser ist hier in der Wüste sehr wichtig. Die Einwohner hatten ausgeklügelte, unterirdische Wasserkanäle angelegt. Diese konnten das Grundwasser von den Bergen direkt in riesige Speicherbecken leiten. Als Klimaanlage bauten sie Türme, die den Wind aus allen Richtungen auffangen konnten und mit der Zirkulation nach unten befördern.

Yazd war zugleich mein südlichster Punkt auf der ganzen Iran Reise. Jetzt geht es weiter Richtung Norden.