Откуда ты?

Откуда ты?


Nachdem ich mich von der Nomadbikefamily verabschiedet hatte, ging die Fahrt Richtung Buston an die Grenze. Auch hier war die Strassensignalisation ziemlich mangelhaft. Als ich bei einem Haus nach dem Weg fragen wollte luden mich die Männer gleich zum Essen ein.

Am Abend stellte ich mein Zelt 50 Meter von der Grenze entfernt bei einem Bauer auf seinem Lande auf. Diese wollten mich ebenfalls zu sich nach Hause einladen. Ich war jedoch viel zu müde und lehnte dankend ab. Bis zum Schluss wurde ich von den Menschen in Usbekistan immer sehr freundlich behandelt. Rakhmat Uzbekistan!
Der Grenzübertritt von Usbekistan nach Tajikistan verlief fast problemlos. Obwohl ich 18 fehlende Tage ohne Registrierung hatte durfte ich den Polizeistaat am 1. September, dem zwanzigsten Jahrestag der usbekischen Unabhängigkeit, verlassen. Der Grenzbeamte freute sich riesig, dass er einmal wieder Englisch sprechen konnte.
Kurz vor Buston tauchte das erste Strassenschild auf.

Anfangs führte die Strasse durch grüne Felder und was mich sehr erstaunte: die Strasse war in einem absolutem top Zustand. Danach kam ein langer, wüstenähnlicher Abschnitt. An einer Bushaltestelle kochte ich dann mein Mittagessen kochen.

Am Abend quartierte ich mich in Khujand im Hotel ein.

Khujand ist die Hauptstadt von Nord Tajikistan und die zweitgrösste des Landes. Zu Zeiten Alexander dem Grossen war sie der östlichste Punkt seines Reiches. 1986, zur Sowjetzeit, hiess die Stadt Leninabad und feierte ihren 2500 Geburtstag. Als Tor zum Fergana Tal wurden Moscheen, Paläste und Zitadellen in riesigem Ausmasse gebaut. Im frühen 13. Jahrhundert zerstörten jedoch die Mongolen diese kolossalen Bauten. 75% der agronomischen Nutzfläche kommt von hier und zwei drittel des Bruttoinland Produktes von Tajikistan.
Das Land ist ein persisch sprechender Aussenposten in Zentralasien.
1990 forderte ein brutaler Bürgerkrieg 50’000 Menschenleben. Heute gilt das Land wieder als sicher und stabil. Tajikistan zählt zu den dreißigst ärmsten Ländern weltweit. Mehr als 70% der Bevölkerung leben von weniger als zwei Dollar pro Tag. An der 1300 Kilometer langen Grenze zu Afghanistan wird 80% des zentralasiatischen Drogenschmuggels betrieben. Das Land gilt dadurch zum weltweit dritt grössten Land im Heroin und Opium Handel. Bis zu 50% der wirtschaftlichen Aktivitäten ist irgendwie mit dem Drogenhandel verknüpft. Auch geografisch ist das Land ziemlich interessant. 93% der Landesfläche (143’100 Quadratkilometer) ist von Bergen besetzt und mehr als die Hälfte davon liegt über 3’000 Metern über Meer. Deshalb leben auch nur gerade 7 Millionen Leute, etwa gleich viele wie in der Schweiz, im gesamten Land.
Seit 1992 ist Tajikistan eine parlamentarische Republik mit 230 parlamentarischen Mitgliedern. Geleitet wird das Parlament durch den Präsidenten Imomali Rakhmanov, der bereits seine dritte Periode im Amt ist. Bei seinen Wiederwahlen kritisierten internationale Wahlbeobachter jeweils, dass die Wahlen weder „frei noch fair“ verlaufen sind. Ein Referendum gab ihm 2003 grünes Licht um bis 2020, für weitere zwei Amtsperioden, im Amt zu bleiben.

Langsam wurde die Strecke am nächsten Tag um einiges interessanter. Die Strasse ist auch hier in perfektem Zustand. Bis zum Abend kam ich in Istaravshan an, wo ich Nora und Roman aus Österreich traf. Wir hatten uns in Samarqand bereits kennen gelernt und wollten eigentlich gemeinsam von Tashkent aus bereits zusammen losfahren. Meine erneute Durchfallerkrankung und das Visa Problem hatte den Plan ein wenig geändert.
Sie sind im April von Wien aus gestartet und via Osteuropa, Georgien, Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan und Tajikistan jetzt auf dem Weg nach China und Südostasien. Wir fuhren am nächsten Tag weiter zum Shahriston Pass.

Dieser liegt auf 3378 M.ü.M. und war für mich der bislang höchste Punkt auf meiner Reise. Die Chinesen bauen einen Tunnel durch den Berg. Die Strecke über den Pass ist nicht asphaltiert aber bei trockenem Zustand trotzdem ziemlich gut befahrbar. Wir übernachteten vor der Passhöhe und schluckten die letzten Höhenmeter am nächsten Morgen. In der Nacht wurde es dabei erstmals richtig schön kühl. Wir mussten sogar unsere Jacken auspacken. Nach drei Monaten in der Wüste war dies einfach nur mega angenehm.

Auch die Landschaft war enorm abwechslungsreich. In Ayni konnten wir unsere Velos im Hotel deponieren und fuhren mit einem Minibus am folgendem Tag nach Panjakent. Dort konnten wir Vorräte einkaufen und beim Büro der Zeravshan Tourism Development Association ztda-tourism.tj zwei 60 Liter Rucksäcke ausleihen. Mit einem weiteren Minibus ging die Fahrt weiter nach Artush in das Alplager. Eigentlich war das Auto nur für 8 Personen ausgelegt. Irgendwie schaffte es der Fahrer jedoch 15 Leute in diese Kiste zu stecken. Sagenhaft!
Etwas oberhalb des Alplagers stellten wir unser erstes Nachtlager in den Fan Mountains auf.

Diese sind eines der beliebtesten Wander- und Klettergebiete in Zentralasien. Wir liefen am nächsten Morgen zum Kulikalonsee hoch. Vorbei an wunderschönen Bergbächen und einfachen Unterkünften für die Hirten und Bauern in dieser Region.

Nach einer kurzen Mittagspause am See ging es nochmals einige Höhenmeter weiter hinauf zum Dushakhasee.

Der See liegt am Fusse des Chimtargas und ist mit 5489 M.ü.M. der höchste Gipfel in der Region. Schwimmen im See war zwar sehr erfrischend jedoch hielt ich es nicht lange darin aus. Als Neoprenverwöhnter Raftguide ist man einfach zu sehr verwöhnt.
Der härteste Teil kam am folgenden Tag, als wir den Alaudin Pass (3860m) überquerten. Zum Glück war unser Kreislauf bereits ein bisschen auf diese Höhe vorbereitet. Ich glaubte zu spüren, wie mein Körper rote Blutkörperchen im Eiltempo zu produzieren versuchte. Auf dem Pass blies ein ziemlich unangenehmer Wind, der uns bald zum Abstieg zwang.

Die Pfade wurden ursprünglich mit Eseln begangen. Auch heute noch verwenden die Einheimischen die Esel als Lastträger. Dadurch sind die Wege teilweise ziemlich steil und gehen besonders beim Abstieg ganz schön in die Gelenke. Am Alaudinsee schlugen wir unser letztes Nachtlager auf. Der Wind wurde so stark, dass wir diesmal auf ein Lagerfeuer verzichteten und ziemlich früh ins Bett gingen.
Die Oberschenkel brennten schon beinahe am nächsten Tag und zum ersten Mal seit langem hatte ich wieder Muskelkater. Wandern und Velofahren sind halt schon zwei unterschiedliche Dinge.
Zum Glück war der Abstieg nach Murgab einigermassen angenehm.

Langsam begegneten uns wieder vermehrt Menschen. Bei einer Siedlung luden uns die Leute gleich zu Çay und Essen ein.

Als sie uns einen Teller voll Fleisch hin stellten, lehnten wir dankend ab. Sie hatten ziemlich mühe zu verstehen, dass es Menschen gibt, die kein Fleisch essen. Trotzdem durften wir bleiben. Tolle Menschen! Besonders das Brot und die leckeren Gebäcke schmeckten köstlich. Nach vier Tagen vermisst man diese Dinge richtig.

In Murgab übernachteten wir in einem Homestay. Diese hatten sogar eine Dusche! Was für eine Wohltat!
Mit dem Taxi ging es am nächsten Morgen zurück nach Ayni, wo wir wieder die Drahtesel sattelten und nach Dushanbe weiter fuhren. Auch hier ist die Strasse perfekt zu fahren. Mein liebes Darmmanagment spielte jedoch wieder einmal verrückt und deshalb verschrieb ich mir selbst erneut eine Antibiotika Therapie. Was tatsächlich funktionierte.

Nach Dushanbe gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder durch den berühmt berüchtigten Anzob Tunnel ( unter Touristen wird er auch „the Tunnel of Death“ gennant) oder die nicht asphaltierte Variante über den Pass. Wir entschlossen uns für den Tunnel, mussten jedoch wegen der starken Steigung schon vorher kapitulieren und fanden bei einer Bauernfamilie ein Nachtlager.

Die Iraner haben beim Bau des Anzob Tunnels ziemlich geschlampt. Überall drückt Wasser heraus und riesige Schlaglöcher säumen den Weg. Zudem gibt ist er nur sehr spärlich ausgeleuchtet. Nora und Roman hatten im Voraus schon Filme davon auf Youtube gesehen. Glücklicherweise nahm uns ein Pick up mit durch den Tunnel. Durch die heftigen Schläge brach mein Rückspiegel und Roman verlor die Brennstoffflasche für den Kocher. Das war ziemlich ärgerlich.

Bei der anschliessenden Abfahrt fing mein Hinterrad immer stärker an zu eiern. Bereits im Iran hatte ich mir eine kleine Acht im Rad eingefangen. Mittlerweile war es schon ziemlich mühsam damit zu fahren. Ich hoffte, in Dushanbe eine Lösung zu finden.

Zudem blies die ganze Zeit ein Gegenwind. Trotzdem erreichten wir bis am Abend die Hauptstadt. Dushanbe heisst “ Montag“ auf Tajikisch. Mit dem Einzug der Eisenbahn 1929, wurde Dushanbe zur Hauptstadt der neuen sowjetischen Republik von Tajikistan ernannt und hiess fortan Stalinabad. Sie ist mit 600’000 Einwohnern die grösste Stadt im Lande. Im Guesthouse waren einige andere Radfahrer, die mir versuchten beim reparieren des Rades zu helfen. Doch bereits nach kurzer Zeit war das Problem gefunden: Felgenriss!
Zum Glück gaben mir Philipp und Corina aus Luzern ihr Hinterrad sinvia.ch. Sie fliegen von Tashkent aus zurück in die Heimat.

Engraziel fetg!
Jetzt versuche ich mein Visa für Tajikistan hier in der Stadt zu verlängern, damit ich genug Zeit für den Pamir Highway habe. Angeblich soll dies ziemlich nervenaufreibend sein. We will see!