Pbeemai ປີໃໝ່

Pbeemai ປີໃໝ່


Bereits nach einem halben Tag radeln stand ich an der Grenze zu Laos. Am Zoll verlangten die Beamten auf beiden Seiten jeweils 2 Dollar Stempelgebühr. Zuerst überlegte ich mir, dies zu verweigern. In meinen Augen ist das Korruption. Doch die Beamten liessen nicht locker. Diesen Grenzübergang werde ich in Zukunft meiden. Auch wenn er der Einzige zwischen Laos und Kambodscha ist. Nach dem Grenzübertritt bemerkte ich an meinem Hinterrad, dass der Pneu einen Riss hatte.

Doch schien mir der Schaden noch nicht zu fatal. Einfach weiter fahren und abwarten, lautete meine Devise. Laos war schon bei meinem ersten Besuch nie wirklich flach. Ständig ging es rauf und runter und das bei ziemlicher Hitze. Selbst die Wasserbüffel suchten sich ein Schlammloch um sich abzukühlen. Auch ich flüchtete in den Schatten. Nach zwei Tagen traf ich bereits in Pakse ein.

Dort war geplant, den Hinterreifen zu reparieren, meine Kassette zu reinigen und drei Tage entspannen. Seit dem Verschwinden von Cédric am Gasherbrum 1 versuchte ich die Ereignisse zu verfolgen und hoffte auf ein glückliches Ende. Der zweite Suchflug am 31. März endete leider erfolglos. Ursula, Charly und dem ganzen Hometeam möchte ich mein herzliches Beileid aussprechen expeditionsnews.ch.

Am Morgen des ersten Tages meldete sich meine Mutter. Sie hatte von meinem Sturz in Phnom Penh erfahren und sich deshalb entschlossen, mich spontan in Laos zu besuchen. Das ist wahre Mutterliebe! So verkürzte ich meinen Aufenthalt auf zwei Tage. Innerhalb von 20 Minuten konnte ich auf dem vietnamesischen Konsulat in Pakse mein Visa um einen Monat umdatieren. Vietnam hat auf meiner „Top Ten Botschaftsliste“ nun definitiv Tajikistan vom ersten Platz verdrängt.

Beim reinigen der Kassette stellte sich heraus, dass bereits mehrere Zähne von drei Kränzen abgebrochen waren. Das erklärte mein Problem mit der Schaltung. Eine Ersatzkassette habe ich bei der Nomadbikefamily in Hanoi deponiert. Bis dort muss ich mich mit neun Gängen zufrieden geben. Dafür verlief die Reparatur des Hinterreifens umso erfolgreicher. Das Team vom Veloplus Shop in Wetzikon hatte bei meinen Vorbereitungen für die Reise den „Zahnseidetrick“ gegeben. Mit einer starken Nadel, Zahnseide und Kombizange näht man die gerissene Stelle einfach wieder zusammen. Von der Innenseite verklebte ich die Stelle mit einem Reifenflick, den ich von Tom bekommen hatte. Improvisation ist das halbe Leben!

Nach dieser Notoperation konnte ich am nächsten Tag weiter Richtung Tha Khaek radeln. Bereits nach etwa 60 Kilometern Fahrt kamen mir Gaëtan und Solenne aus Frankreich entgegen. Sie arbeiten während den Wintermonaten jeweils in der Gastronomie und reisen im Sommer durch die Gegend. Diesmal haben sie sich in Bangkok spontan entschlossen zwei Velos zu kaufen und fahren damit bis Ende Mai durch Thailand und Laos. Ich wechselte meine restlichen Riels aus Kambodscha gegen ein Cola.

Nach diesem kurzen Boxen stop fuhr ich weiter. Am zweiten Tag erlebte ich zuerst einen wunderschönen Sonnenaufgang. Doch bereits gegen Mittag verdunkelte sich der Himmel und gerade als ich Siesta halten wollte, begann es zu regnen. Zum Glück konnte ich gerade noch meine Plane über mich werfen. Nach etwa einer Stunde beruhigte sich der Gewitterregen ganz kurz. Doch leider hielt er ziemlich lange an, sodass ich mich nach einem trockenen Platz für mein Zelt umschauen musste.

Die restlichen 120 Kilometer nach Tha Khaek waren durch die Motivation meine Mutter bald wieder zu sehen bald bewältigt. In der Tha Khaek Travel Lodge fand ich ein wunderbares Guesthouse. Dort konnte ich Kurd (mein Velo) und das meiste Gepäck deponieren um mit dem Bus nach Vientiane zu fahren.

Von der sechs Stunden dauernden Fahrt war ich ziemlich erschöpft. Irgendwie ist die Freiheit auf zwei Rädern viel schöner. Als meine Mutter nach 25 Stunden endlich in Vientiane landete, kam ich mir mit meiner Busfahrt ein wenig lächerlich vor. Das Wiedersehen war wunderschön.

Bereits am nächsten Tag buchten wir für 160’000 kip (8’000kip= 1$) zwei Bustickets nach Luang Prabang für den darauffolgenden Tag und besuchten anschliessend das Tempelmuseum Wat Si Saket. Gestiftet wurde Wat Si Saket im Jahr 1818 von König Anouvong (regierte von 1805 bis 1828). 1827 entsandte er seine Armee gegen Siam, wurde besiegt und Vientiane in der Folge weitgehend zerstört. Verschont wurden nur wenige Bauten, darunter Wat Si Saket, möglicherweise, weil die Architektur sich eher am siamesischen als am laotischen Stil orientierte.

Dieser Besuch lies mich den Besuch auf der chinesischen Botschaft ein wenig vergessen. Am Morgen wollte ich dort mein Visa für die Rückkehr nach China beantragen. Der Mitarbeiter am Schalter erklärte mir, dass seit dem 1. Januar 2012 neue Regeln gelten wodurch alle Touristen sämtliche Bus-, Flug- und Zugticket, sowie Hotelreservationen vorweisen müssen um ein Visa zu beantragen. Was für ein Schwachsinn!

Ich will bis Vietnam zuerst mal darüber nachdenken, ob ich diese kommunistischen Volltrottel überhaupt nochmals besuchen soll. Die kulinarischen Geschenke meiner Mutter und die leckere Pizza lösten bei mir einen richtigen Höhenflug aus. Velonomaden kann man mit den kleinsten Dingen glücklich machen.

Der offizielle Titel Laos lautet „Demokratische Volksrepublik“, in englischer Kurzform P.D.R. genannt. Unter Touristen betitelt man es als Please Do not Rush. Die genaue Bedeutung dazu erlebten wir am nächsten Tag auf der Busfahrt nach Luang Prabang. Eigentlich sollte die Fahrt durch die Berge 9- 10 Stunden dauern. Jedoch sorgte ein defekter Reifen kurz vor der Ankunft dafür, dass wir erst nach 12 Stunden ankamen.

Die erholsame Nacht im neuen Hotel lies uns von den Strapazen erholen.
Die Stadtgeschichte Luang Prabangs ist untrennbar mit der Entstehungsgeschichte von Laos verknüpft. 1365 wird allgemein als Gründungsjahr von Lan Chang (dem Land der Millionen Elefanten) unter Fa Ngum genannt. Der letzte laotische König Sisavang Vatthana, der bis 1975 in Luang Prabang residiert hatte, wurde mit seiner Frau und dem Kronprinzen in ein politisches Umerziehungslager deportiert. Dort kam die Königsfamilie – vermutlich 1984 – aus bislang ungeklärten Umständen ums Leben.
Auf dem Weg zur ersten Tempelbesichtigung zog ein Umzug mit Elefanten an uns vorbei.

Als erstes wollten wir den Tempel Wat Xieng Thong, der 1560 unter König Setthathirath erbaut und 1960–1962 restauriert wurde, besuchen. Als einziger Tempel der Stadt überstand er die Plünderung von 1887 unversehrt. Der Baustil mit dem fast bis auf den Boden reichenden Dach ist typisch für das nördliche Laos. 1995 wurde Luang Prabang zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. 32 buddhistische Klöster sowie die gesamte französische Kolonialarchitektur in der Stadt wurden unter Denkmalschutz gestellt und werden seitdem restauriert. Besonders die Wandmalereien waren sehr eindrücklich.

Meine chinesischen Wanderschuhen haben den Geist aufgegeben. Zum Glück fanden wir schon bald geeigneten Ersatz. Auch meine Mutter hatte Blattern an den Füssen bekommen und brauchte ein paar Pflaster. Da man vor dem Eintreten in einen Tempel die Schuhe ausziehen muss, war das nicht gerade sehr angenehm für sie.

Nach unserer Fusstherapie besuchten wir noch den That Makmo (Wassermelonen-Stupa), auf dem Gelände des Vat Visounarath gelegen. Der Name leitet sich von seiner halbrunden Spitze ab. Gestiftet von Phantin Xieng, Gemahlin von König Visounarath, im Jahr 1504, wurde die Stupa 1932 wieder aufgebaut, wobei die kostbaren Beigaben in den Königspalast überführt wurden.

Auf dem Nachtmarkt bestaunten wir nicht nur die Handwerksarbeit sondern auch die vielen exotischen Früchte. Ganz eindrücklich sind für mich meistens die Jack Fruits, welche am Stamm des Baumes wachsen und bis zur Reife die Grösse einer Wassermelone erreichen. Ihr Fruchtfleisch schmeckt himmlisch.

Durch die Hitze waren wir am Abend jeweils ziemlich müde. Besonders das tropische Klima ist als Falang (Laotisch für Ausländer) teilweise kaum zu ertragen. Am nächsten Tag setzten wir mit der Fähre aufs andere Flussufer über und besichtigten drei kleinere Tempel.

Um der Hitze ein wenig zu entfliehen besuchten wir, zurück in der Altstadt, das Nationalmuseum. Der ehemalige Königspalast wurde restauriert und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Besonders der Thronsaal war sehr imposant. Leider ist das Fotografieren untersagt. Jedoch lieferte die Halle für den Pha Bang-Buddha eine eindrückliche Aussenansicht.

Zuerst fuhren wir am nächsten Morgen mit einem Holzboot dem Mekong hoch, um die Pak Ou-Kalksteinhöhlen – direkt an den Uferklippen des Mekong, etwa 25 Kilometer nördlich von Luang Prabang zu besichtigen. Nur schon die Fahrt mit diesem komischen, klapprigen Schiff war ein Erlebnis für sich.

Die Höhlen sind einer der bedeutendsten buddhistischen Wallfahrtsorte in Laos. Es handelt sich um zwei Höhlentempel mit atemberaubender Aussicht, die sich an der Mündung des Nam Ou in den Mekong befinden. Hier wurden während des Indochina-Krieges private Buddhastatuen der Bevölkerung vor Plünderungen in Sicherheit gebracht. Zeitweise sollen in den beiden Höhlentempeln über 5000 Statuen gestanden haben. Hunderte davon, in verschiedensten Größen, sind heute noch in den beiden Höhlen zu besichtigen, sie wurden auch als Opfergaben von Pilgern hierher gebracht.

Der Sage nach wurden die beiden Höhlen seit 1547 als Tempel genutzt. Die gesamte Anlage wird auch Tham Ting („Ting-Höhle“) genannt. In der unteren Höhle, Tham Loum, ist außer zahlreichen bis zu einem Meter großen Buddhastatuen aus Holz, Bronze, Eisen oder Ton eine Wasserstelle zur rituellen Reinigung der Statuen zu sehen.

Zurück in Luang Prabang war das Neujahrsfest bereits im vollen Gange. Das Neujahrsfest (Pbeemai) richtet sich nach dem laotischen Mondkalender und findet meistens Mitte April statt. Dabei wird während 4 Tagen eine grosse Wasserschlacht veranstaltet. Wer glaubt, er würde in dieser Zeit trocken bleiben sollte besser ein anderes Reiseland anvisieren.

Durch die grosse Hitze machte uns das Ganze riesig Spass. Die Einheimischen fuhren in riesigen Paraden durch die Stadt. Natürlich immer mit Wasserbecken auf dem Fahrzeug um sich gegen die Angreifer zu wehren. Mit unseren PET- Flaschen hat wir teilweise fast keine Chance. Komplett durchnässt watschelten wir zurück ins Hotel. Das war definitiv die beste Neujahrsfeier, die ich je erlebt habe und bereits die dritte auf meiner Reise ( internationales-, chinesisches- und laotisches Neujahr). Happy Lao New Year!

Wer Luang Prabang besucht sollte sich die morgendliche Almosen Zeremonie der Mönche nicht entgehen lassen. Um halb Sechs am nächsten Morgen standen wir bereit, um bei der Prozession zuzuschauen. Die Leute knien auf der Strasse und legen den Mönchen Lebensmittel für ihre einzige Mahlzeit am Tag in die Bettelschale. Da es 32 Tempel in der Stadt gibt, die allesamt von Mönchen bewohnt sind, besteht der Zug aus einer langen, orangefarbigen Kolonne. Ein eindrückliches Bild. Die Mönche wiederum geben einen Teil aus ihren Bettelschalen an die arme Bevölkerung ab, die dabei mit Körben neben ihnen herlaufen.

Leider mussten wir uns nach dieser Zeremonie bereits wieder von Luang Prabang verabschieden. Diesmal hatte unser Bus auf der Rückfahrt einen Motorschaden, der aber zum Glück behoben werden konnte. So waren wir nach 12 Stunden Fahrt wieder zurück in der Hauptstadt Vientiane. Natürlich kamen wir nicht trockenen Fusses im Hotel an. Pbeemai! An unserem letzten gemeinsamen Tag besuchten wir zuerst den Pha That Luang. Dieses Wahrzeichen ist ein großer buddhistische Stupa aus dem 16. Jahrhundert.

Der Legende nach soll sich hier ursprünglich ein Heiligtum der Mon befunden haben. Andere Legenden berichten, dass Abgesandte von König Ashoka etwa im Jahr 307 v. Chr. eine Reliquie des Buddha hierher brachten. Wiederum eine andere Legende behauptet, es haben hier zwei Nagas residiert. Als König Sai Setthathirath I. seine Hauptstadt von Luang Prabang nach Vientiane verlegte, soll er den Bau einer Stupa auf den Ruinen eines Khmer-Tempels aus dem 13. Jahrhundert beauftragt haben. Der Stupa wurde 1566 unter dem Namen „Loka-Chulamani“ vom König eingeweiht. In den vier Himmelsrichtungen wurde dann jeweils ein Tempel errichtet, von denen heute nur noch der Wat That Luang Nuea (die Residenz des Obersten Patriarchen des laotischen Sangha) im Norden und Wat That Luang Tai im Süden des That Luang existieren.

Durch die Neujahrsfeierlichkeiten war die Anlage frei zugänglich. Die Gläubigen liefen mit Eimern voll Blütenwasser an den Buddha Figuren vorbei und besprühten diese. Die Mittagssonne lies das Gold so richtig schimmern.

Auf dem Rückweg besuchten wir noch das Siegesdenkmal Patou Xai. Es wurde in den 1960er Jahren als „Denkmal für die Helden der königlichen Armee“, d. h. für Laos‘ Unabhängigkeit von Frankreich (1949) errichtet. Als 1975 die Pathet Lao die Macht übernahmen, wurde das gewaltige Betongebilde für 20 Jahre namenlos. Allgemein war es schlicht als Anousavali (Denkmal) bekannt. Zum 20. Jahrestag der Machtergreifung im Jahre 1995 erhielt der Triumphbogen die neue Widmung „Den Helden des 23. August 1975“ (Tag der Machtübernahme in Vientiane).

Nach einer letzten, leckeren Pizza war es bereits wieder an der Zeit Abschied zu nehmen.

Vielen vielen Dank Mami für den tollen Besuch! Man muss noch anmerken, dass die Leute uns meistens entweder für Geschwister oder ein Liebespärchen hielten. Ich muss wohl doch mal wieder zum Friseur! Bereits um sechs Uhr sass ich am nächsten Morgen im Bus zurück nach Tha Khaek, wo Kurd auf mich wartete. Durch den Besuch meiner Mutter hatte ich die Gelegenheit, Laos mit seiner ganzen Vielfalt noch näher kennen zu lernen. Khop chai lai lai ຂອບໃຈຫຼາຍໆເດີ (vielen Dank) Laos! Jetzt geht es zurück nach Vietnam. Dort kann ich hoffentlich mein China Visa beantragen und nochmals die Nomadbikefamily besuchen…